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Materialforschung

Ziehen macht dicker statt dünner

Molekulare Eigenschaften von auxetischen Stoffen erforscht

Unsere alltägliche Erfahrung lehrt uns, dass ein Gegenstand, den man streckt, dünner wird. Drückt man ihn zusammen, wird er dicker. Aber es gibt auch Materialien, die sich so ganz entgegen unserer Intuition verhalten: Sie werden beim Strecken dicker und beim Zusammendrücken dünner. Zu diesen als „auxetisch“ bezeichneten Stoffen zählen einige Schäume und spezielle Kristalle. Forscher berichten in der Fachzeitung „Angewandte Chemie“, dass sie erstmalig eine chemische Verbindungsklasse identifizieren konnten, die sich bereits auf molekularer Ebene auxetisch verhält.

Werden „normale“ Materialien beispielsweise von einem Ball getroffen, „fließt“ das Material weg von der Aufprallzone und schwächt diese Stelle. In auxetischen Stoffen dagegen „fließt“ das Material in die Aufprallzone hinein und verstärkt diese. Bei den bisher bekannten auxetischen Stoffen ist das auxetische Verhalten eine makroskopische Eigenschaft und beruht auf einer speziellen Anordnung der Teilchen innerhalb des Materials, etwa einer bestimmten wabenartigen Struktur. Auxetisches im Nanomaßstab war bisher jedoch unbekannt – dabei könnten gerade diese sich im Alltag als sehr nützlich erweisen. Solche Materialien wären der richtige Stoff für kugelsichere Westen. Aber auch für die Medizintechnik ergeben sich interessante Perspektiven. Das Einführen von Implantaten sowie Stents zum Offenhalten von Blutgefäßen ließe sich erleichtern, wenn das Teil unter Druck in Querrichtung dünner statt dicker werden würde.

Anhand quantenmechanischer Berechnungen sagt nun das Team um Shmaryahu Hoz nun voraus, dass es auch bestimmte Moleküle gibt, die sich auxetisch verhalten: Polyprismane nennt sich die Verbindungsklasse. Es handelt sich dabei um stäbchenförmige Moleküle, die aus mehreren aufeinander gestapelten Ringen aus drei, vier, fünf oder sechs Kohlenstoffatomen aufgebaut sind. Die Dreiring- und die Vierring-Prismane zeigen, unabhängig von der Anzahl der gestapelten Ringe, in etwa gleich große auxetische Effekte. Die Fünf- und die Sechsring-Prismane weisen einen deutlich höhreren auxetischen Effekt auf. Von allen durchgerechneten Varianten zeigte das Prisman aus vier Sechsringen den stärksten Effekt. Warum sich Prisman-Moleküle auxetisch verhalten, konnten die Forscher noch nicht eindeutig klären.

„Obwohl Prismane bereits vor mehr als 30 Jahren entdeckt wurden, hat man bisher erst wenige Vertreter dieser Klasse synthetisiert,“ sagt Hoz. „Wir hoffen, dass unsere Erkenntnisse ein Ansporn sein werden, weitere Prismane herzustellen und zu charakterisieren.“

(idw – Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V., 24.08.2006 – AHE)

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