Die soziale Herkunft spielt offenbar eine noch größere Rolle für die Bildungschancen eines Kindes als ohnehin schon vermutet. Dies hat jetzt eine neue Studie von Thorsten Schneider von der Universität Bamberg gezeigt. Danach hängt nicht nur der „Sprung“ auf das Gymnasium stark vom Bildungsniveau im Elternhaus ab, sondern auch der Erfolg in dieser Schulform. So scheitert jedes dritte Kind aus bildungsfernen Haushalten am Gymnasium bereits innerhalb der ersten sechs Jahre.
{1l}
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind nach der Grundschule ein Gymnasium besucht, ist in Deutschland für Kinder aus bildungsfernen Haushalten gering. Nur 14 Prozent der Kinder von Eltern mit Hauptschulabschluss schaffen den Sprung auf das Gymnasium, bei Kindern von Abiturienten liegt die Quote bei mehr als Zweidrittel. Diesen Zusammenhang haben bereits mehrere Studien, unter anderem PISA, belegt.
Doch nicht nur der Zugang, auch das vorzeitige 'Aus' auf dem Gymnasium ist durch soziale Auslese geprägt. Verfolgt man die Wege der Kinder, die nach der Grundschule auf das Gymnasium wechseln, dann zeigt sich, dass innerhalb von sechs Jahren 35 Prozent der Kinder aus bildungsfernen Haushalten die Ausbildung abbrechen. Hat mindestens ein Elternteil das Abitur liegt die Quote bei nur bei einem Fünftel.
Auch kulturelle Interessen spielen eine Rolle
Der starke Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungschancen zeigen sich nach den Ergebnissen der Studie auch dann, wenn nicht nur der formale Bildungsabschluss, sondern die kulturellen Freizeitaktivitäten der Mutter untersucht werden. Besucht die Mutter mindestens einmal im Monat die Oper, das Theater oder eine Kunstausstellung, hat ihr Kind eine Chance von 59 Prozent auf das Gymnasium zu wechseln. Hat sie kein Interesse an diesen Aktivitäten, beträgt die Wahrscheinlichkeit des Wechsels auf das Gymnasium nur 17 Prozent.
Bemerkenswert ist nach den Angaben der Forscher außerdem, dass Mädchen mittlerweile deutlich bessere Chancen haben, auf das Gymnasium zu wechseln und diesen Vorsprung in den folgenden Schuljahren weiter ausbauen. Nach sechs Jahren am Gymnasium ist die Erfolgswahrscheinlichkeit von Mädchen zehn Prozentpunkte größer als bei Jungen. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, dass in Deutschland Frauen die ganz großen Gewinner der Bildungsexpansion sind, Kinder aus Arbeiterfamilien aber nicht.
Schneider hat in seiner Untersuchung die Bildungsbiographien von 3.003 Kindern rekonstruiert und im Hinblick auf die soziale Stellung ihrer Eltern analysiert.
(idw – Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin, 22.08.2006 – DLO)