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Materialforschung

Magische Metalle mit "Muskeln"

Neue Wege in der Formgedächtnis-Technologie

Bei Brillen, Zahnspangen oder Gefäßstützen sind Formgedächtnislegierungen nicht mehr wegzudenken: trotz mechanischer Veränderungen „erinnern“ sich diese an ihre ursprüngliche Form und nehmen diese wieder an. Maschinenbauingenieure haben auf dieser Grundlage nun ein universales, zunächst funktionsloses Bauteil entwickelt. Dieses soll zukünftig ganz nach Verwendungszweck gezielt programmiert werden können, etwa für eine intelligente Knieprothese, bei der lokale Formgedächtniseffekte die Muskelfunktionen des Kniegelenks übernehmen.

Wenn sich eine künstliche Stützte im Blutgefäß wie von allein entfaltet und es offen hält, ist keine Magie im Spiel. Hier wird die Fähigkeit von Formgedächtnislegierungen genutzt, sich nach einer Verformung an ihre ursprüngliche Gestalt zu "erinnern". Möglich macht das die Atomgitterstruktur dieser Legierungen, die beim Erwärmen, Abkühlen oder bei Krafteinwirkung zwischen einer Tieftemperaturphase und einer Hochtemperaturphase pendelt. Dadurch kann sich ein Werkstoff um bis zu acht Prozent ausdehnen oder auch – ähnlich einem Muskelstrang – kontrahieren. Insgesamt lassen sich durch diese Technologie drei unterschiedliche Effekte erzielen: der Einweg-Effekt wie beim Blutgefäß, der Zweiweg-Effekt wie bei Flugzeugtragflächen und eine Pseudoelastizität wie bei Brillengestellen.

Alles in einem Bauteil – und das ganz nach Bedarf

Diese drei Formgedächtnis-Effekte sollen nun durch die so genannte funktionale Programmierung in einem einzigen Bauteil zusammengeführt werden. Das heißt für die Ingenieure zunächst, den Formgedächtnis-Effekt im gesamten Bauteil zu deaktivieren, um ihn dann wieder gezielt durch eine lokale Wärmebehandlung zu programmieren. Sven Langbein vom Lehrstuhl für Maschinenelemente und Konstruktionslehre der Ruhr-Universität Bochum setzt hierfür die Lasertechnik ein, doch weitere Versuche mit anderen Wärmequellen wie zum Beispiel induktive Erwärmung oder Heizelemente sind vorgesehen.

Auf diese Weise ließen sich im so genannten Dreipunkt-Biegeversuch die lokal konfigurierten Formgedächtnis-Effekte bestätigen und anhand einer Versuchsreihe im Wärmebehandlungsofen fanden die Forscher heraus, bei welchen Temperaturen welche Formgedächtnis-Effekte auftreten und wie sich der Effekt über den gesamten Temperaturbereich hinweg verschiebt.

Informationen ertasten

Große Perspektiven räumen die Bochumer Maschinenbauer auch der neuen Formgedächtnistechnik bei haptischen Displays ein. Sie sollen dem Benutzer visuelle Informationen unabhängig von einem Bildschirm vermitteln, so dass etwa der Autofahrer den Blick auf die Straße gerichtet lassen kann. Die Ingenieure testen derzeit in einem Demonstrator lokal beschichtete Dünnschichtaktuatoren für einen möglichen Einsatz in haptischen Displays. Die lokale Beschichtung stellt eine Vorstufe zur lokalen Programmierung dar. Damit kann auf aufwendige Masken verzichtet werden, die durch eine lokal positionierte Wärmequelle ersetzt werden.

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(idw – Ruhr-Universität Bochum, 16.08.2006 – AHE)

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