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Technik

"Kisseneffekt" macht Etiketten schlau

Chemiker optimieren organische Elektronik

Organisches Display - ein Display auf Siliziumbasis würde bei dieser Biegung brechen. © RUB

Das intelligente Etikett auf dem Joghurtbecher registriert jede Ortsveränderung der einzelnen Verpackung und überwacht die Haltbarkeit des Inhalts. Möglich machen sollen dies zukünftig organische Moleküle, die im elektronischen Schaltkreis herkömmliche Halbleiter wie Silizium ersetzen. Chemiker haben jetzt die Transportmechanismen elektrischer Ladungen in organischen Materialien entschlüsselt und sagen schon für die nächsten Jahre einen breiten Einsatz flexibler und kostengünstiger elektronischer Papiere voraus.

Grenzflächen machen Probleme

Das Hauptproblem bei der Herstellung organischer Elektronik liegt darin, Metall- (Elektroden) und Molekülstrukturen (Halbleiter) aneinander anzupassen. Dies betrifft vor allem die elektronischen Niveaus an der Grenzfläche zwischen Elektronik und Organik. Um diese Prozesse besser zu verstehen, haben Chemiker der Ruhr-Universität Bochum um Professor Christof Wöll gemeinsam mit Kollegen der University of North Texas neue, sehr genaue Rechenverfahren entwickelt, durch die sie auf das Wirken des so genannten Kisseneffekts aufmerksam wurden:

Die Elektronen des Metalls werden durch das organische Molekül seitlich weggedrückt, was im Metall ein elektrisches Feld erzeugt (Dipol), wodurch sich die elektronischen Zustände verschieben. Damit verändert sich auch die Austrittsarbeit, das heißt die Energie, die nötig ist, damit ein Elektron vom Metall in den Halbleiter wandert. Bislang wurde angenommen, dass die Austrittsarbeit bei schwachen Wechselwirkungen zwischen Metallen und organischen Molekülen unverändert bleibt.

Kristallite und selbstorganisierende Schichten

Ebenso wichtig ist es, zu wissen, wie sich die Elektronen im Halbleiter weiter bewegen. Mithilfe eines neuen Großgeräts, das Rastertunnelmikroskopie und Rasterelektronenmikroskopie kombiniert, stellten die Forscher in der Nähe der Elektroden Verarmungszonen fest, in denen kaum Moleküle vorhanden waren, während sie sich direkt auf den Elektroden häuften. Hier störte die so genannte van-der-Waals- Wechselwirkung den Elektronenfluss.

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Durch Aufbringen von selbstanordnenden Monolagen (Self Assembled Monolayer: SAM) konnte diese Wechselwirkung weitgehend aufgehoben werden. Weiterhin deuten erste Erfolge darauf hin, dass sich Defekte an den Elektroden und innerhalb des organischen Halbleiters – wie beim Silizium auch – durch Arbeiten mit Einkristallen weitgehend ausschließen lassen. Zudem zeigte sich, dass die Beweglichkeit der Ladungsträger bei niedrigen Temperaturen deutlich größer wird und dass auch bei organischen Halbleitern Bandleitung auftritt.

Organische Elektronik: preiswert und vielseitig

Aufgrund ihrer hohen Materialflexibilität – elektronische Papiere lassen sich zwar nicht zerknüllen, aber doch stark rollen und biegen – könnten diese elektronischen Schaltkreise mit konventionellen Druckmaschinen direkt auf unterschiedliche Unterlagen aufgedruckt werden. Das macht organische Halbleitermaterialien zu einer kostengünstigen Elektronik für einfache Anwendungen mit einem geringen Stückpreis je Bauteil. All diese Vorteile lassen ein breites Anwendungsspektrum organischer Elektronik erwarten: von elektronischen Wasserzeichen über Transponder, Barcodes, flexible smart cards, integrierte Steuerungen für Sensoren bis hin zu Aktuatoren zur Einmalnutzung und organischen Aktivmatrix-Displays.

(Ruhr-Universität Bochum, 01.08.2006 – NPO)

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