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Medizin

Trojanisches Pferd für Tumorzellen

Mikrovehikel schleusen potentiell toxische Ladung in Krebszellen

Ein ungenießbares Geschenk für Tumorzellen haben sich Physiker einfallen lassen. Sie entwickelten winzige Polymerkapseln, die in Krebszellen eingeschleust werden und dort gezielt ihre Wirkstoffe freisetzen könnten. Erste Tests im Labor haben die Kapseln aus einem neuen Material bereits hinter sich.

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Die spanische Doktorandin Almudena Muñoz Javier von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München entwickelte die nur wenige Mikrometer großen Polymerkapseln in Zusammenarbeit mit Dr. Andre Skirtach und Dr. Gleb Sukhorukov vom Max- Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam. Wie in der Fachzeitschrift "Angewandte Chemie" berichtet, werden die Kapseln, einmal in der Zielzelle angekommen, mit Laserlicht vestarhlt. Dadurch erhitzen sich Gold-Nanopartikel in der Wand der Kapsel so lange und stark, bis sich die Wand der Kapsel öffnet. Auf diesem Weg wird eine Substanz aus der Kapsel in der Zelle freigesetzt.

Kapseln nach dem Zwiebel-Prinzip

Die Wände der neu entwickelten Kapseln sind wie die Schale einer Zwiebel aus mehreren Schichten geladener Polymere aufgebaut. Zellen können eine größere Zahl dieser Kapseln aufnehmen. In den Kapselwänden befinden sich Nanopartikel aus Gold, die für die spätere Zerstörung der Kapseln nötig sind. Sobald sich diese nämlich in den Zielzellen befinden, werden sie mit Laserlicht bestrahlt. Die Metallpartikel nehmen die Energie auf und geben sie an ihre Umgebung ab: Die Kapselwände heizen sich auf, bis sie zerbrechen.

Bei einer möglichen Anwendung in Zukunft ist wichtig, dass der Laserstrahl mindestens einen Zentimeter in Gewebe eindringen kann. Befänden sich die Mikrokapseln in dieser Tiefe innerhalb der Krebszellen, könnten sie von außen bestrahlt werden. Das dazwischen liegende Gewebe wäre nicht betroffen, weil nur die Metallpartikel die Wärme aufnehmen.

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Erster Schritt in Richtung medizinischer Anwendung

Im Test wurde nur eine fluoreszierende Substanz verwendet, um verfolgen zu können, wie sich das Material in der Zelle ausbreitet. Der Ansatz könnte möglicherweise aber auch der erste Schritt sein zu einer sicherlich noch weit entfernten Anwendung, bei der toxische Stoffe in Tumorzellen – und nur in diese – eingebracht werden. "Unser Projekt hat sicher Zukunftspotential", so Parak. "Trotzdem darf man nicht vergessen, dass wir noch im Bereich der Grundlangenforschung stehen. Wir versuchen zuerst unser System detailliert auf dem Niveau von Tumor-Zellkulturen zu verstehen, bevor wir überhaupt an erste Versuche mit Lebewesen denken".

Tatsächlich ist die gezielte Aufnahme eines jeden Wirkstoffes durch Tumorzellen ein außerordentlich wichtiges Kriterium. Schließlich soll durch die Therapie nur das bösartige Gewebe zerstört werden. Moderne Ansätze in der Krebsmedizin zielen also zunehmend darauf ab, die gesunden Zellen so weit wie möglich zu schonen. "Genau an dieser Stelle liegt unser Beitrag", so Parak. "Als Physiker und Chemiker können wir neue Materialien mit Eigenschaften entwickeln, die bisher noch nicht zur Verfügung standen. So können wir versuchen, verschiedene Ideen aus der Medizin zu einem einzigen Wirkstoff zu kombinieren".

Obwohl es ein weiter Weg vom Modellsystem zu fertigen Medikamenten ist, sind die Forscher zuversichtlich, mit den neu entwickelten Kapseln einen Schritt in die richtige Richtung getan zu haben. Die Zukunftsvision ist ein System, mit dessen Hilfe eine toxische Ladung in Kapseln gezielt mit einem Laser und dabei lokal in Tumoren freigesetzt werden kann.

(Universität München, 31.07.2006 – NPO)

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