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GeoUnion

Rohstoffsuche am Meeresgrund

Marine Erze könnten die Ressourcen der Zukunft sein

Tauchroboter Cherokee © Nico Augustin, IFM Geomar

Vor wenigen Tagen beendete das deutsche Forschungsschiff Poseidon seine Fahrt ins Mittelmeer. Vor der Küste Siziliens hatte ein internationales Forscherteam vom 06. – 17. Juli 2006 den Meeresboden auf mögliche Erzlagerstätten hin untersucht. Denn am Grund des Tyrrhenischen Meeres gibt es mineralienhaltige Quellen, die auch unter dem Namen Schwarze Raucher oder Hydrothermalsysteme bekannt sind. Mit an Bord der Poseidon befand sich Sven Petersen vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) in Kiel. In einem Interview berichtet er über die Forschungsfahrt und gibt Einblicke in die Rohstoffwelt der Meere.

GeoUnion:

Was haben Sie auf der Forschungsfahrt untersucht?

Petersen:

Wir haben einen Tauchroboter eingesetzt, um die Verbreitung metallhaltiger Gesteine an untermeerischen Vulkanen bis in Wassertiefen von 800 Meter zu kartieren. Bei einigen dieser Vulkane gab es bereits Hinweise auf das Vorhandensein solcher Mineralisationen, die allerdings nicht genau beschrieben und auch noch nicht detailliert untersucht worden sind. Aktive Schwarze Raucher haben wir zwar nicht gefunden, doch das Vorhandensein von niedrig-temperierten Lösungen unter 20° Celsius, Entgasungen aus den unterlagernden Magmenkammern und weitere Hinweise auf frühere Aktivität konnten wir an allen Vulkanbauten nachweisen.

GeoUnion:

Was ist das Besondere an diesen Mineralisationen?

Petersen:

Im Gegensatz zu anderen Hydrothermalsystemen wie an den so genannten mittelozeanischen Rücken, sind die Vorkommen in diesem Seegebiet durch geringe Wassertiefen von unter 1.000 Metern, das Auftreten magmatischer Entgasungen und ungewöhnlich hohe Spurenmetallgehalte in den Vererzungen gekennzeichnet. Zu den Spurenmetallen gehören dabei nicht nur das Edelmetall Gold sondern auch die toxischen Metalle Arsen, Blei, Antimon und Quecksilber. Der Schwerpunkt der Forschungsarbeiten liegt auf der Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Nebengestein, Meerwasser und den magmatischen Gasen und Lösungen. Wir wollen klären, ob ihr Eintrag in solche flachmarinen heißen Quellen eine unmittelbare Voraussetzung für die hohen Edelmetall- und Spurenelementgehalte in diesen Systemen ist. Dazu wollen wir im nächsten Jahr ein mobiles Bohrgerät von einem Schiff aus einsetzen, um den Untergrund dieser Mineralisation zu untersuchen.

Niedrig-temperiert gebildtet Fe-oxide an den Vulkanen im Tyrrhenischen Meer, teilweise mit Kappen, die vermutlich aus Bakterienmatten bestehen © MARUM, Universität Bremen

GeoUnion:

Gibt es abseits solcher Hydrothermalfelder weitere Rohstofflager im Meer?

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Petersen:

Neben den Erzen an Schwarzen Rauchern, gibt es eine ganze Reihe weiterer möglicher Rohstoffe im Meer. Dazu gehören zum einen die so genannten Manganknollen und Mangankrusten, die in der Tiefsee unterhalb von etwa 4.000 Metern oder an den Hängen untermmeerischer Vulkane auftreten – zum anderen aber auch Diamanten und verschiedene weitere Minerale, die in Küstennähe abgebaut werden können. Nicht zu vergessen sind natürlich Sand und Kies sowie Erdöl und Erdgas, die bereits im grossen Stil wirtschaftlich aus dem Meer gewonnen werden. Ein weiterer, potenziell wichtiger Rohstoff sind die sogenanten Gashydrate, die entlang der Kontinentalhänge in Wassertiefen zwischen 400 – 700 Meter auftreten und als möglicher Energierohstoff im Gespräch sind.

GeoUnion:

Lässt sich abschätzen, welche Mengen weltweit in der Tiefe lagern?

Petersen:

Mengenangaben sind schwierig, doch für Schwarze Raucher lässt sich folgendes sagen: Es gibt zurzeit etwa 250 bekannte Vorkommen, von denen die meisten allerdings sehr klein sind. Es handelt sich oft nur um einzelne schwarze Raucher, die nur wenige Meter hoch sind. Solche vereinzelten Gebilde sind wirtschaftlich unbedeutend. Es gibt nur wenige große Vorkommen, von denen die meisten jedoch in sehr großen Wassertiefen unter 3.000 Metern und sehr weit von Land entfernt liegen. Schon aus diesen Gründen sind sie wirtschaftlich nicht besonders interessant. Anders sieht es vielleicht mit Manganknollen und Mangankrusten aus, von denen es tatsächlich Mengenabschätzungen gibt. So lagert mit mehreren Millarden Tonnen vermutlich genauso viel Mangan in der Tiefsee wie an Land. Der Hauptgrund für eine Förderung dieser Erze wäre allerdings nicht das Mangan, sondern die Gehalte an Kobalt und Nickel in den Knollen.

GeoUnion:

Könnten diese Lagerstätten zukünftig eine wichtige Rolle für die Wirtschaft spielen?

Petersen:

Mit den Beispielen von Sand und Kies sowie Erdöl und Erdgas ist ja bereits bewiesen, dass Bergbau in den Meeren wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden kann. Bei anderen Rohstoffen, wie beispielsweise den Metallen, muss sich erst noch zeigen, dass ein Abbau technisch, wirtschaftlich und umweltverträglich möglich ist. Die derzeitigen stark steigenden Rohstoffpreise und die weiterhin zu erwartende Steigerung des weltweiten Rohstoffverbrauchs könnten die Förderung mariner Erze aber durchaus beschleunigen, da das Auffinden und in Produktion bringen solcher Erzvorkommen an Land leicht bis zu 10 Jahre dauern kann.
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GeoUnion:

Was sind die größten technischen Probleme bei einer möglichen industriellen Förderung?

Petersen:

Die technischen Probleme sind von Rohstoff zu Rohstoff verschieden. Vor allem gibt es bisher so gut wie keine Geräte, die für den marinen Bergbau in großen Wassertiefen eingesetzt werden können. Wenn wir uns zudem noch einmal die Erze an Schwarzen Rauchern anschauen, so besteht das Hauptproblem in der Abschätzung der Erzmengen, die überhaupt am Meeresboden vorliegen. Wir kennen oft die Metallgehalte an der Oberfläche, wissen aber nicht, wieviel Erz tatsächlich im Untergrund vorhanden ist. Erste Schritte die Dimension solcher Vorkommen zu bestimmen, wurden Anfang dieses Jahres vor der Küste Papua Neuguineas unternommen.

Allein dadurch sind die technischen Schwierigkeiten eines Abbaus solcher Vorkommen aber noch nicht geklärt. Denn es wird vermutlich niemand direkt an aktiven heissen Quellen arbeiten wollen, wo Temperaturen bis über 400° Celsius und extrem saure Lösungen auftreten können. Solche Bedingungen sind allen einzusetzenden Geräten abträglich und daher wird sich ein Abbau vermutlich auf inaktive Vorkommen beschränken. Dies bedeutet aber auch gleichzeitig, das eine Zerstörung der Lebewelt an solchen aktiven heissen Quellen, wie er oft beschworen wird, eher unwahrscheinlich ist.

GeoUnion:

Vielen Dank für das Gespräch.

(GeoUnion, Sven Petersen/IFM Geomar, 28.07.2006 – AHE)

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