Im August 2006 jährt sich zum 150. Mal die Entdeckung des ersten Neandertalerfossils im Neandertal nahe Düsseldorf. Seither versuchen Paläontologen und Anthropologen aufzudecken, welche Rolle diese Frühmenschen, die in Europa und Teilen Asiens lebten und vor etwa 30.000 Jahren verschwanden, in der Evolution des modernen Menschen gespielt haben. Licht in das Dunkel bringen soll jetzt die Entschlüsselung des drei Milliarden Basenpaare umfassenden Neandertalergenoms, die das Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie zusammen mit der amerikanischen 454 Life Sciences Corporation in den nächsten zwei Jahre durchführen wird.
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Eine von 454 Life Sciences neu entwickelte Technologie macht es möglich, Zellkern-DNA aus Neandertalerfossilien zu entnehmen und zu sequenzieren. Dies war mit bisherigen Methoden praktisch unmöglich. Als ersten Test haben die Projektpartner bereits etwa eine Million Basenpaare der Zellkern-DNA eines 38.000 Jahre alten Neandertalerfossils aus Kroatien entschlüsselt.
Vorarbeiten bereits im Jahr 1997
1997 gelang es dem Molekularbiologen Svante Pääbo erstmals aus den Mitochondrien, den Kraftwerken der Zelle, stammende DNA-Sequenzen des Neandertalers zu entschlüsseln. Gemeinsam mit 454 Life Sciences will der Max-Planck-Wissenschaftler nun das gesamte drei Milliarden Basenpaare umfassende Neandertalergenom entschlüsseln.
Im Anschluss soll das Genom des Neandertalers mit den bereits entschlüsselten Genomen von Mensch und Schimpanse verglichen werden. Dies wird helfen, die evolutionäre Verwandtschaft von Mensch und Neandertaler aufzuklären und die genetischen Veränderungen zu identifizieren, die die Menschen dazu befähigten, vor etwa 100.000 Jahren Afrika zu verlassen und sich auf der gesamten Welt auszubreiten.
DNA-Analyse von Fossilien schwierig
Die DNA von Fossilien zu analysieren, ist eine technische Herausforderung. Nachdem ein Organismus gestorben ist, werden seine Zellen von Bakterien und Pilzen eingenommen. Ein Großteil der DNA wird dabei zerstört und der geringe Teil, der noch vorhanden ist, zerfällt während der lang andauernden Fossilierung in kleine Stücke und wird chemisch verändert. Wenn Wissenschaftler also winzige Proben alter DNA untersuchen, resultiert der Großteil dieser DNA aus der Kontamination mit Bakterien, Pilzen und von jenen Wissenschaftlern, die zuvor mit den Knochen gearbeitet bzw. sie geborgen haben.
In den letzten zwanzig Jahren hat die Arbeitsgruppe von Svante Pääbo Methoden entwickelt, mit deren Hilfe die Authentizität alter DNA festgestellt werden kann, und sie hat technische Lösungen gefunden, um mit den sehr kurzen, chemisch modifizierten DNA-Fragmenten zu arbeiten. Mit Unterstützung von 454 Life Sciences werden die Forscher diese Arbeitstechniken jetzt mit neuen DNA-Sequenzierungsmethoden verbinden, die zur Analyse alter DNA hervorragend geeignet sind.
Professor Svante Pääbo, Direktor der Abteilung für Evolutionäre Genetik am MPI und Michael Egholm, Vize-Präsident für Molekulare Biologie bei 454 Life Sciences, werden das Projekt, das von der Max-Planck-Gesellschaft finanziert wird, gemeinsam leiten.
(idw – MPG, 21.07.2006 – DLO)