Das körpereigene Enzym IKKbeta kann das Immunsystem des Menschen nicht nur gezielt aktivieren sondern offenbar auch dämpfen. Diese überraschende Entdeckung haben Wissenschaftler des GSF-Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit im Rahmen einer neuen Studie gemacht, über die sie jetzt in der Fachzeitschrift Molecular Cell berichten. Sie vermuten, dass die doppelte Funktion als Antreiber und Bremser entscheidend zur Balance der Immunreaktion beiträgt.
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Bereits seit einiger Zeit ist bekannt, dass die Kinase IKKbeta Bestandteil einer unentbehrlichen Signalkaskade im Immunsystem ist. IKKbeta wird zur Weitergabe von Signalen benötigt, die letztlich die Ausschüttung von Botenstoffen einleiten und auf diese Weise die Immunabwehr des Körpers gegen gefährliche Viren oder Bakterien koordinieren.
"Wir konnten in Zusammenarbeit mit der TU in München und der Harvard Medical School in Bosten nun zeigen, dass IKKbeta die Immunreaktion auch abschwächen und so genau das Gegenteil bewirken kann", erzählt Dr. Daniel Krappmann, der Leiter der GSF-Nachwuchsgruppe "Signalprozesse im Immunsystem".
Den Wissenschaftlern gelang es, einen neuen Angriffspunkt des Enzyms aufzudecken: IKKbeta behindert die Funktion eines Proteinkomplexes (CBM-Komplex), der normalerweise die Immunreaktion antreibt – das Enzym greift somit an unterschiedlichen Stellen der Signalweitergabe ein. "Nur die Analyse des Proteoms kann ein so komplexes, nicht hierarchisches Wechselspiel von Wirkungsweisen aufklären. In genetischen Knock-out Studien sind solche Doppelfunktionen einzelner Enzyme nicht zu erkennen", betont Krappmann.
Neue Hoffnung bei Autoimmunerkrankungen?
Der neu entdeckte Wirkmechanismus von IKKbeta könnte ein therapeutisches Ziel für Erkrankungen sein, bei denen das Immunsystem entgleist, wie beispielsweise im Falle von Autoimmunerkrankungen.
"Wir haben gezeigt, dass IKKbeta die Aktivität des CBM-Komplexes modulieren kann, so dass die Immunreaktion gestoppt oder zumindest stark abgeschwächt wird. Denkbar wäre nun, eine Therapie zu entwickeln, die auf dieser Reaktion beruht", erklärt Krappmann.
Auch Patienten, die an einer bestimmten Form der Leukämie leiden, dem diffus großzelligen B-Zell Lymphom, könnten eines Tages von einer solchen Therapie profitieren: "Untersuchungen amerikanischer Wissenschaftler haben gezeigt, dass gerade bei einem besonders aggressiven Typ dieses Lymphoms die Aktivität des CBM-Komplexes das Überleben der erkrankten Zellen garantiert. Auch hier könnte man eventuell durch eine Modulierung des Komplexes eingreifen", hofft Krappmann.
(idw – GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, 18.07.2006 – DLO)