Anzeige
Biologie

Polygam trotz „Treue–Gen“

Monogamie bei Säugetieren nicht allein durch ein Gen bestimmt

Diente als Modell: Wühlmaus © NPS

Das vielzitierte "Treue-Gen" hält Mäuse offenbar nicht davon ab, trotzdem polygam zu leben. Mit diesem Ergebnis haben Populationsgenetiker jetzt die bisherige Ansicht widerlegt, dass ein einziges Gen das komplexe Sozialverhalten von Säugetieren grundlegend beeinflussen könne. Das berichten sie in der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS).

Frühere Studien zeigten, dass bei der Monogamie der Rezeptor für das Hormon Arginin-Vasopressin im Gehirn von Säugetieren eine wichtige Rolle spielt. Seine Wirkung wurde von amerikanischen Forschern in aufsehenerregenden Experimenten bei vier nahe verwandten Wühlmaus-Arten untersucht. Zwei davon leben monogam, die anderen beiden leben polygam. Die monogam lebenden Mäuse wiesen deutlich mehr Rezeptoren für Vasopressin in bestimmten Hirnregionen auf als diejenigen ohne feste Paarbindung.

Bei der Isolation des Gens, das für die Herstellung von Vasopressin-Rezeptoren verantwortlich ist, ließen sich bei monogamen und polygamen Mäusen unterschiedliche Varianten nachweisen. Als die Genvariante von monogamen Mäusen in das Gehirn von polygam lebenden Mäusen eingeschleust wurde, reagierten diese mit verstärktem Paarbildungsverhalten. Daraus wurde geschlossen, dass soziale Verhaltensmuster bereits auf einem einzigen Gen beruhen.

Forscher um Dr. Gerald Heckel vom Zoologischen Institut der Universität Bern analysierten nun die DNA von 25 Mausarten und entdeckten die monogame Variante des "Treue-Gens" in allen untersuchten Tierarten – ausser in den beiden eingangs erwähnten polygamen Mausarten. Allerdings leben fast alle der untersuchten Arten dennoch polygam. Somit konnte kein allgemeiner Zusammenhang zwischen genetischen und sozialen Verhaltensmustern und dem Fehlen oder Vorhandensein bestimmter, natürlicher Varianten des "Treue-Gens" nachgewiesen werden.

Nach Ansicht von Heckel zeigen diese Ergebnisse, dass Monogamie bei Säugetieren unabhängig von der geringfügigen Veränderung nur dieses einzigen Gens entstand: "Die simple genetische Programmierung eines so komplexen und wichtigen Verhaltens wie des Paarungsverhaltens ist sehr unwahrscheinlich". Sie wäre auch sicherlich von Nachteil für Organismen wie Nagetiere, die stark variierende Populationsdichten aufweisen und ihre Fortpflanzungsstrategie ständig an wechselnde Bedingungen anpassen müssen.

Anzeige

(Universität Bern, 13.07.2006 – NPO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

Dossiers zum Thema

Schönheit - Symmetrie, Kindchenschema und Proportionen

News des Tages

Bücher zum Thema

Stimmts? - Neue moderne Legenden im Test von Christoph Drösser und Rattelschneck (Illustrator)

Top-Clicks der Woche