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Zoologie

Seevögel riechen Beute

Geruch nach Dimethyl-sulphid verrät Planktongebiete und damit auch Fischreichtum

Seevogel © IMSI MasterClips

Albatrosse, Sturmvögel und andere große Seevögel spüren ihre Beute im Ozean mithilfe ihres Geruchssinns auf. Das haben Wissenschaftler jetzt auf dem Forum der Europäischen Neurowissenschaftler (FENS) in Wien berichtet. Diese Fähigkeit kann ihnen jedoch zum Verhängnis werden, denn sie stürzen sich auch auf die Köder der Hochseefischer und gehen ihnen so ins Netz.

Gabrielle Nevitt von der University of California Los Angeles (UCLA) erforschte Albatrosse, Sturmvögel und Sturmtaucher in ihrer natürlichen Umgebung in der Antarktis. Ihre Forschungsstation hatte sie mit ihren Kollegen in einer Hütte in der Nähe einer Vogelkolonie errichtet. Sie untersuchten, inwieweit Gerüche die Herzschlagrate der Vögel beeinflusst. Diese Studien gaben den Wissenschafterinnen Einblick, wie die Sinnesorgane der Tiere arbeiten und wie die Umwelt die Wahrnehmung und das Verhalten der Tiere beeinflusst.

Seevögel überfliegen riesige Wasserwüsten und halten Ausschau nach Krill- und Fischschwärmen. "Stellen Sie sich vor, Sie stehen an einem heißen Sommertag inmitten einer 160 Quadratkilometer großen Steppe und suchen ein Eis", erläuterte Nevitt. "Das Leben ihres Kindes hängt davon ab, dass Sie dieses Eis finden, bevor es geschmolzen ist. Mit einem ähnlich gelagerten Problem befassen wir uns."

Dimethyl-sulphid als Signal-Geruch

Vögel sind beim Bewältigen dieser Aufgabe allerdings sehr viel erfolgreicher als die Menschen, auch wenn diese über die modernsten Techniken verfügen. Die meisten Seevögel haben einen sehr großen Riechkolben, mit dessen Hilfe sie ganz ausgezeichnet Gerüche aufspüren können. Wie Nevitt herausfand, erkennen Seevögel einen ganz bestimmten Geruch, den von Dimethyl-sulphid (DMS). DMS wird von Phytoplankton produziert und diesem Geruch folgen Seevögel bei ihrer Nahrungssuche. Da Phytoplankton unter anderem die Nahrung des Krill, und dieser widerum für Fische ist, weist Planktonreichtum normalerweise auch auf Fischreichtum hin.

"Wir gehen davon aus, dass die Seevögel ihre Nahrungssuche über weite Entfernungen hinweg in zwei Schritten bewältigen. Zuerst lokalisieren sie mit Hilfe ihres Geruchssinns fischreiche Gewässer. Dort angekommen, suchen sie das Areal systematisch ab, und gehen dabei ‚ihrer Nase nach’ und nehmen unterschiedliche Gerüche, je nach Spezies, wahr“, erklärt Nevitt.

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Jungvögel müssen Geruch wahrscheinlich lernen

Die Wissenschaftler wissen noch nicht, wie die jungen Seevögel beim ersten Mal ihre Jagdbeute erkennen, abgesehen davon, wie sie überhaupt zu den weit entfernten Jagdgebieten gelangen. Nevitt vemutet, dass "ungelernte" Jungvögel die Gerüche des Ozeans, darunter DMS, von den anfänglich ins Nest zurückkehrenden Eltern lernen. Dabei assoziieren die Küken diese Gerüche mit Beute. Tatsächlich konnte Nevitt zeigen, dass die Jungvögel mehr auf den Geruch von Beute reagieren, als auf Gerüche, die nichts mit Nahrung zu tun haben.

Nevitt hatte in Zusammenarbeit mit französischen Wissenschaftlern des CNRS (Centre National de la Recerche Scientifique) demonstrieret, dass eine Seevogelart auch ihren Lebenspartner über den Geruchssinn findet. Damit konnten die Wissenschaftler erstmals zeigen, dass Vögel in der Lage sind, andere Vögel am Geruch zu erkennen. Die Arbeit kann dazu beitragen, die Vorgänge bei der Partnerwahl dieser Vögel, die sich ein Leben lang binden, besser zu verstehen.

Im Mittelpunkt ihrer Arbeiten steht die Verhaltensforschung, die letzlich dazu dienen soll, die Tiere vor dem Aussterben zu bewahren. So werfen etwa Hochseefischer Fischabfälle ins Meer, um die Seevögel von ihren Fischleinen wegzulocken. Aber tatsächlich gefährden sie die Vögel damit, weil der Geruch sie anlockt. Wenn dann noch Angelhaken dabei sind, ist das noch gefährlicher. So gehen den Fischern jährlich 100.000 Seevögel als "Beifang" ins Netz. "Wenn wir verstehen, wie Seevögel ihre Nahrung suchen, können wir vielleicht Wege aufzuzeigen, sie vor Netz und Angelhaken zu schützen," so die Forscherin.

(Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, 12.07.2006 – NPO)

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