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Physik

Warum leuchten Leuchtdioden?

Halbleiterphysiker widersprechen gängiger Auffassung des Lichtemissionsprozesses

Forschung an Dioden © DOE

Leuchtdioden aus Halbleitermaterialien finden sich mittlerweile fast überall: in Haushaltsgeräten, als Anzeige- und Kontrolllichter oder als Laser in CD-Spielern, Laserdruckern und Supermarktscannern. Woher aber ihr Licht stammt, das ist, so eine provokante These Marburger Physiker, noch lange nicht geklärt. In einer aktuellen Veröffentlichung bestreiten sie die Aussagekraft bisheriger Experimente.

"Der Prozess, durch den das Licht emittiert wird", so Professor Dr. Stephan W. Koch, der an der Philipps-Universität Marburg theoretische Halbleiterphysik lehrt, "ist in seinen Details immer noch nicht richtig verstanden. Zum Teil gibt es sogar massives Unverständnis hinsichtlich dessen Hintergründe." Das Fachjournal Nature Materials scheint das ähnlich zu sehen, denn es hat Koch und seine Kooperationspartner jetzt zu einem Überblicksartikel eingeladen, in dem sie den neuesten Stand der weltweiten Forschung kritisch diskutieren und ihr eigenes Konzept vorstellen, das die Fachwelt revolutionieren könnte.

Plasma statt Exzitonen als Lichtquelle

In ihren Nature Materials-Artikel berichten die Physiker darüber, dass nicht, wie allgemein angenommen wird, Exzitonen die Quelle des Lichts sind, das von Halbleitern emittiert wird. Exzitonen – das Wort ist aus dem englischen "excitation" für "Anregung" abgeleitet – sind Elektron-Loch-Paare, die in enger Wechselwirkung miteinander stehen, also "gebunden" sind. Elektronen und Löcher in einem Plasma können sich hingegen frei und unabhängig voneinander bewegen. "Löcher" wiederum sind Stellen in einem Halbleiter, wo ein Elektron fehlt. Eine solche Stelle hat dieselben physikalischen Eigenschaften wie ein reales, positiv geladenes Teilchen, sodass sie auch als Quasi-Partikel bezeichnet wird.

Fällt ein Elektron in ein Loch – ein Vorgang, den man Rekombination nennt -, wird Energie frei und in Form von Licht ausgesandt. Kira und Koch haben nun erkannt, dass Lichterzeugung aufgrund einer solchen Rekombination nicht nur von Exzitonen herrühren kann, sondern dass dafür auch ein Elektron-Loch-Plasma in Frage kommt – und häufig sogar dominiert -, und zwar ohne dass sich dies an den Eigenschaften des ausgesandten Lichtes direkt erkennen ließe.

Experimente nicht ausreichend für Belege?

Um nun die Hintergründe der Lichtabstrahlung präzise in physikalischen Modellen fassen zu können, müssen die genauen Voraussetzungen für das Auftreten und die Verteilung von Exzitonen in Halbleitermaterialien bekannt sein. Die Autoren des Überblicksartikels bestreiten allerdings, dass sich diese Informationen mit Hilfe klassischer optischer Experimente gewinnen lassen. Vor allem die verbreitete Annahme, Exzitonen verhielten sich wie ein ideales Gas – würden also nicht miteinander in Wechselwirkung stehen – müsse zugunsten der Annahme eines miteinander wechselwirkenden Vielteilchensystems fallen gelassen werden.

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Derzeitige Theorien und experimentelle Verfahren führen den Physikern zufolge zu Fehlinterpretationen der beobachteten Lichtemission: Man schreibe deren Charakteristika häufig allein dem Verhalten der Exzitonen zu, obwohl auch andere physikalische Phänomene wie das allmähliche Verschwinden des Polarisationszustands oder die Abstrahlung des Ladungsträgerplasmas eines Halbleiters zu vergleichbaren Spektren führen.

Terahertz-Spektroskopie besser geeignet?

Darum müsse, so fordert das internationale Wissenschaftlerteam, insbesondere die noch junge Terahertz-Spektroskopie nun breitere Anwendung finden. Entsprechende Verfahren arbeiten mit Licht, dessen Frequenz genau auf das Exziton abgestimmt ist. So gelingt es, Exzitonen gewissermaßen "direkt" zu beobachten; gleichzeitig wird verhindert, dass indirekte Verfahren zu möglichen Fehlschlüssen führen.

(Universität Marburg, 07.07.2006 – NPO)

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