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Wissenschaft

Hochstapler überzeugt als Physiker

Falscher Graviationswellenphysiker wurde von Fachkollegen nicht erkannt

Kann ein Laie vorgeben, ein Top-Wissenschaftler zu sein und damit sogar renommierte Forscher täuschen? Er kann. Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „Nature“ berichtet, wie ein physikalischer Laie, der Sozialwissenschaftler Harry Collins, ein ganzes Gremium von renommierten Physikern dazu brachte, ihn für einen der ihren zu halten.

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Ziel dieses Tests war nicht einfach die Demonstration guter Hochstapelei, sondern vielmehr die Beweisführung, dass auch Außenseiter, wie Sozialwissenschaftler, Wissenschaftsjournalisten oder Gutachter, internationale Expertise in einem Fachgebiet erlangen können, dass sie niemals studiert haben und auch selbst nicht ausüben können.

Collins, der seit mehr als 30 Jahre die Gemeinschaft der Gravitationswellen-Physiker erforscht, musste im Rahmen des Tests sieben Fragen zur komplexen und hoch spezialisierten Thematik der Gravitationswellen beantworten, die ihm von einem Experten auf diesem Gebiet gestellt wurden. Seine Antworten wurden dann, zusammen mit denen eines echten Gravitationswellenphysikers, an neun Forscher dieser Disziplin geschickt.

Die „Gutachter“ sollten herausfinden, welche Antworten vom echten Physiker stammten und welche vom Hochstapler. Das erstaunliche Ergebnis: Von den neun gaben sieben an unsicher zu sein und sich nicht entscheiden zu können, zwei hielten Collins für den Physiker. „Die Ergebnisse zeigen, dass auch Außenseiter und Quereinsteiger eine Art Expertise in einem bestimmte wissenschaftlichen Gebiet erlangen können“, erklärt Collins.

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Dieser Test ist gleichzeitig auch eine späte Antwort auf den so genannten „Wissenschaftskrieg“ der 1990er Jahre. Damals fühlten sich Naturwissenschaftler von einigen Thesen der Soziologen zur Wissenschaft angegriffen und warfen ihnen vor, die Fachdisziplinen um die es ging, als Außenseiter ja gar nicht verstehen zu können. Eine bekannte Aktion war die des Physiker Alan Sokal von der New York Universität, der eine Pseudo-Publikation bei einem renommierten Soziologen- Fachmagazin, dem „Social Text“ einreichte. Das Paper wurde angenommen und die Häme war entsprechend groß. Collins’ Test stellt daher gewissermaßen auch eine Revanche für die damalige Blamage dar.

(Nature, 06.07.2006 – NPO)

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