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„Hüpfender Kitt“ in der Vulkanforschung

Feuerberge unter der Lupe

Entwicklung des Vulkanismus auf La Palma: vom Cumbre Viajo zum Taburiente. © Andreas Klügel, Universität Bremen

Nudelholz, Sand, Mehl und Knetgummi der Marke „Hüpfendes Kitt“ oder auch „Silly Putty“ braucht der Geowissenschaftler Dr. Andreas Klügel von der Universität Bremen für seine wissenschaftlichen Experimente.

Gleichmäßig rollt er den Kitt auf etwa fünf Millimeter Stärke aus. „Schweißtreibende und langwierige Arbeit“, sagt er. Dann schüttet er Hügel aus Sand auf den Kitt und siebt Mehl darüber. Trotz aller Vorsicht zeigt das Experiment bald Risse und Falten. Die sind es, die Klügel interessieren. „Denn: So unglaublich das auch klingt, Vulkane, die auf weichem Untergrund stehen, können zerfließen. Und der Kitt ist ein ganz hervorragendes Material, um so einen verformbaren Untergrund zu modellieren.“

Fließender Stein

Vulkane wachsen meist sehr schnell und haben steile Flanken. Zudem bilden sie sich häufig an Stellen, an denen sich schon große Mengen weichen Untergrundes abgelagert haben, z.B. wenn Vulkaninseln auf wasserhaltigen Meeressedimenten wachsen. „Das ist ungefähr so, als ob man auf Sand baut“, meint Klügel. Das enorme Gewicht des Vulkans drückt das Sediment zur Seite. Der Fuß des Vulkankegels verbreitert sich mit dem wegrutschenden Sediment, die Spitze des Kegels sinkt dementsprechend. „Man darf sich den Vulkankegel dabei nicht als eine feste Gesteinsmasse vorstellen“, erläutert Klügel. „Vielmehr sind alle Gesteine über erdgeschichtliche Zeiträume gesehen mehr oder minder weich.“

Erdgeschichte im Zeitraffer

Geschrumpftes Gehirn bei Alzheimer © NIA

Im Gegensatz zu den Jahrmillionen, dauert es im Experiment nur wenige Stunden, bis sich Risse und Spalten bilden. „Der Kitt simuliert dabei den weichen Untergrund, der vom Gewicht des Sandvulkans zur Seite gedrückt wird. Der Sandhaufen zeigt, wie der Vulkankegel zerbricht, weil er der Bewegung des Kitts folgt.“ Die Technik, um zerfließende Vulkane zu modellieren, ist nicht neu. Doch Klügel und sein Kollege Thomas Walter von der Universität Miami zeigen, wie zwischen zwei Vulkanen eine Schwachstelle in der Kruste der Erde entstehen kann. Wie auf der Insel La Palma führt diese zu einer lang gezogenen Riftzone, an der jetzt das Magma an die Erdoberfläche gelangt. Die beiden ursprünglichen Schlote fördern dann unter Umständen kaum oder kein Magma mehr. „Bis jetzt war nicht klar, wie solche lang gezogenen Spalten zu Stande kommen, wenn keine Bewegungen von Erdplatten im Spiel sind.“ erklärt Klügel sein Interesse an diesen Experimenten.

Vulkane auf dem Küchentisch

Veränderungen der kältesten Winternächte in Europa © Stainforth et al., / Environ. Res. Letters

Ein anderer Aspekt ist, dass diese Art von Simulation auch Laien deutlich zeigt, dass der Boden unter unseren Füßen viel beweglicher ist, als wir uns das gemeinhin vorstellen. „Letztes Jahr haben wir ein solches Experiment beim Tag der offenen Tür gezeigt. Die Leute waren sehr interessiert. Es macht zwar ein wenig Arbeit so ein Experiment vorzubereiten, aber im Prinzip kann jeder das zu Hause oder in der Schule nachmachen. Das Mehl macht die Risse und Spalten erst wirklich gut sichtbar, da es etwas klebriger ist als der Sand.“ Interessant ist auch die Oberflächenstruktur des Kitts nachdem der Sand entfernt wurde. Dort wo sich Falten geworfen haben, wären im wirklichen Leben Schwachstellen entstanden, an denen Magma austreten könnte – die Geburt eines neuen Vulkans auf dem Küchentisch?

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Quicktime Film: (ab Quicktime 6.0 download hier )

Dieser Film zeigt im Zeitraffer, wie der Sandvulkan zerfließt und zeigt deutlich die Risse im Mehl. Zum Schluss sieht man, wie der Kitt vom zerfließenden Sand in Falten gelegt wurde. Dort wo der Kitt sich aufgeworfen hat, könnte im echten Leben Magma aufsteigen.

(Andreas Klügel, FB Geowissenschaften der Universität Bremen, 12.03.2004 – Kirsten Achenbach – DFG-Forschungszentrum Ozeanränder)

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