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Evolution

Einzeller überlebten den „Schneeball Erde“

Molekulare Fossilien belegen Existenz von Eukaryoten vor der großen Vereisung vor 2,3 Milliarden Jahren

Schneeball Erde? © MMCD

Gab es schon komplexes Leben vor der ersten großen Vereisung der Erde vor rund 2,3 Milliarden Jahren? Oder entwickelten sich die ersten höheren Einzeller erst nachdem das Eis getaut war? Ein australisch-amerikanisches Forscherteam hat jetzt in der Zeitschrift Geology belegt, dass die ersten eukaryotischen Einzeller schon 50 bis 100 Millionen Jahre vor der Phase der „Schneeball-Erde“ gelebt haben müssen.

Vor rund 2,3 Milliarden Jahren wurde die irdische Atmosphäre erstmals Sauerstoff-reich genug, um Leben, wie wir es kennen, zu ermöglichen. Zur gleichen Zeit aber begann eine Eiszeit, die möglicherweise große Teile des Planeten unter einer, wie einige Wissenschaftler meinen, bis zu 800 Meter dicken Eisschicht verschwinden ließ. Wann aber entstanden die ersten eukaryotischen, zu sexueller Vermehrung fähigen und mit einem Zellkern ausgestatteten Einzeller?

Öltropfen als Archiv des Lebens

Roger Buick, Professor für Geo-und Planetenwissenschaften an der Universität von Washington und Adriana Dutkiewicz von der Universität von Sydney in Australien untersuchten gemeinsam mit Kollegen winzige, in 2,4 Milliarden Jahre altem Gestein eingeschlossene Öltröpfchen aus dem Elliot See in der Nähe des Ortes Sault Ste. Marie im kanadischen Ontario. Das aus dem Abbau organischer Substanz entstandene Öl enthält Biomarker, sozusagen molekulare Fossilien, deren Struktur Aufschluss darüber gibt, von welchen Lebensformen sie einst stammten.

„Es ist das gleiche wie die Untersuchung von Dinosaurierfossilien, nur das diese Fossilien in molekularem Maßstab sind“, erklärt Buick. „Man schaut auf die molekularen Skelette von Kohlenstoffverbindungen wie beispielsweise Cholesterin, die in diesen Öltropfen erhalten sind.”

Die Biomarker im Öl zeigten, dass sowohl Eukaryoten als auch Blaualgen schon vor der planetarischen Vereisung auftauchten, nicht erst später. Die Proben deuten zudem darauf hin, dass Sauerstoff schon produziert wurde und Metalle in der Erdkruste oxidierte, lange bevor auch die Atmosphäre mit Sauerstoff angereichert war.

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Skeptiker widerlegt

Es ist nicht zum ersten Mal, dass Biomarker auf die Existenz von Blaualgen und Eukaryoten noch vor der großen Vereisung hindeuten. Erst 1999 wurde eine Veröffentlichung zu diesem Thema als einer der großen wissenschaftlichen Durchbrüche des Jahres gefeiert. Doch gleichzeitig äußersten einige Skeptiker die Bedenken, dass die gefundenen organischen Moleküle keine Fossilien, sondern moderne Verunreinigungen gewesen seien, möglicherweise durch Öl, dass durch winzige Spalten im Gestein eingedrungen sei.

Die jetzigen Proben, die aus in sich geschlossenen Kristallen entnommen und gründlich auf Kontaminationen untersucht wurden, widerlegen jedoch diese Außenseiter-Argumente. „Die Kontamination war immer eine Idee, die zwar auf den Fluren oder in Meetings diskutiert wurde, aber nie offiziell veröffentlicht worden ist“, erklärt Buick. „Diese neue Studie belegt aber, dass es tatsächlich sehr, sehr alte Biomarker waren.“

Gleichzeitig stellen die neuen Funde auch die von einigen Forschern geäußerten extremen Vorstellungen über den „Schneeball Erde” in Frage. Auch wenn die Vereisung ausgedehnt war, kann sie nicht überall mindestens 800 Meter dick gewesen sein, so Buick. „Diese Art der Bedeckung blockiert jede Photosynthese, so dass es keine Nahrung für irgendjemanden gibt, gerade nicht für Eukaryoten. Sie hätten so nicht überleben können – aber unsere Forschungen zeigen, dass sie sehr wohl überlebten.“

(University of Washington, 07.06.2006 – NPO)

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