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Verhalten

Wer handelt, erinnert sich besser

Methoden automatischer Erinnerung erforscht

Es klingt wie eine Binsenweisheit: Wer selbst etwas getan hat, erinnert sich besser daran als derjenige, der nur davon gehört oder gelesen hat. Doch wissenschaftlich bestätigt haben Gedächtnispsychologen diese so genannten automatisch ablaufenden Lernprozesse erst jetzt.

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Erst seit 20 Jahren untersuchen Wissenschaftler überhaupt systematisch dieser Art von Erinnerung, zuvor erforschten sie vorwiegend, was das Gedächtnis des Menschen gezielt – etwa durch absichtliches Lernen – zu leisten vermag. "Sie machen wohl 90 Prozent unserer Erinnerung aus", veranschaulicht Prof. Dr. Melanie Steffens von der Friedrich-Schiller- Universität Jena die immense Bedeutung dieser Forschungen.

Die Psychologin setzt sich bereits seit rund einem Jahrzehnt mit der Messung solcher Erinnerungen auseinander. Im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft über drei Jahre geförderten Projektes hat sie mit ihrem Team den Zusammenhang zwischen Erinnern und Handeln untersucht. "Dabei sind wir davon ausgegangen, dass man keineswegs neue Gedächtnistheorien erfinden muss, sondern auf etablierte Konzepte zurückgreifen kann, um das Erinnern von Handlungen zu erklären", betont die Jenaer Psychologin.

Zusammenspiel zwischen Handlung und Gedächtnis

Ziel des nun beendeten Projektes sei es gewesen, einzelne Mechanismen des Zusammenspiels von Handeln und Erinnern zu erforschen. Als Prämisse nannte Steffens, dass eine Handlung das Verarbeiten des Geforderten – etwa "einen Apfel werfen" oder "auf den Tisch klopfen" – voraussetzt, der Proband also die Bedeutung von Verb und Objekt und ihre Beziehung zueinander erkennt. Dieses Wissen müsse er speichern, um entsprechend reagieren, also die Handlung ausführen zu können.

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"In mehreren Serien von Experimenten konnten wir die Richtigkeit unserer Thesen nachweisen, konnten die unterschiedlichen Prozesse belegen, auf die die gute Erinnerung an Handlungen zurückgeführt wird", erklärt die Jenaer Gedächtnispsychologin. Partner der Wissenschaftler waren nicht nur je etwa 40 Erwachsene in zehn Experimenten, sondern auch insgesamt etwa 100 Grundschüler in zwei Versuchen. "Die Experimente mit den Kindern haben gezeigt, dass auch sie sich schon – wie Erwachsene – bei entsprechenden Hinweisreizen automatisch an ihre Handlungen erinnern." Allerdings gebe es Unterschiede. Zum einen seien "die Merkstrategien bei Kindern noch nicht so ausgeprägt", zum anderen "lassen sie sich leichter ablenken".

Ausnahmen bestätigen die Regel?

Ziel weiterer Forschungen wird die Frage sein, warum das Forscherteam bei zielgerichteten Tätigkeiten, zum Beispiel einen Rucksack packen oder Tonmasse herstellen, durchaus vergleichbare Gedächtnisleistungen zwischen den Probanden-Gruppen feststellen konnte, die diese Handlungen einerseits aus dem aktiven Handeln, andererseits aus aufmerksamer Beobachtung heraus zu erinnern hatte.

Aus dem unter Laborbedingungen abgelaufenen Forschungsprojekt sind nicht nur eine Reihe von Diplomarbeiten hervorgegangen, sondern auch einige Publikationen, betont Prof. Steffens. Darunter sei jüngst eine in der "besten europäischen Zeitschrift" auf diesem Gebiet erschienen, dem britischen "Quarterly Journal of Experimental Psychology". Weitere Fachartikel stellte die Jenaer Psychologin in Aussicht.

(Universität Jena, 01.06.2006 – NPO)

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