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Klima

Meerestiefe enthüllt arktischen „Klimaschock“

Polarexpedition setzt Meilensteine der arktischen Klimaforschung

Forschungseisbrecher nahe des Nordpols © M. Jakobsson, IODP

Bisher Unbekanntes über die Klimageschichte des Nordpolarbeckens haben jetzt in „Nature“ erschienene Ergebnisse einer im Jahr 2004 durchgeführten Expedition in die Arktis entüllt. Denn den Untersuchungen des internationalen Forscherteams zufolge setzte die Vereisung des Nordpolarmeers vor etwa 45 Millionen Jahren ein – deutlich früher als bislang vermutet. Innerhalb von nur zehn Millionen Jahren hatte sich das Klima der Region von subtropisch zu eisig gewandelt.

Im August 2004 hatten drei Eisbrecher des Integrierten Ozeanbohrprogramms (IODP) vom norwegischen Tromsö aus Kurs auf den Nordpol genommen. Bis Anfang September erbohrte das Forscherteam am Grund des Arktischen Ozeans in Meerestiefen von bis zu 1.300 Metern Sedimentkerne mit einer Gesamtlänge von 340 Metern. Zwei Monate später nahmen 33 Wissenschaftler aus elf Ländern die Meeresablagerungen im IODP-Bohrkernlager an der Universität Bremen erstmals genauer unter die Lupe. Weitere Analysen fanden in den Heimatlabors der Klimaforscher statt.

Überraschungen aus der Meerestiefe

Die Untersuchungen belegen die sehr wechselhafte Klimageschichte der Nordpolarregion und fördern zugleich eine ganze Serie neuer Erkenntnissen zutage: "Vor etwa 55 Millionen Jahren war der Arktische Ozean komplett eisfrei. Es herrschte subtropisches Klima mit Wassertemperaturen von bis zu 23 Grad Celsius", sagt Expeditionsmitglied Dr. Jens Matthiessen vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung Bremerhaven. Diese Temperaturen liegen damit mehr als 10° bis 15°C höher als bislang durch Klimamodelle für diesen Zeitraum errechnet worden war. Sechs Millionen Jahre später wuchsen etwa 800.000 Jahre lang Wasserfarne an der Oberfläche des Polarmeers.

"In unseren Bohrkernen haben wir Überreste dieses Süßwasserfarns gefunden. Sie deuten darauf hin, dass damals eine Süßwasserschicht den polaren Ozean bedeckte", ergänzt Expeditionsteilnehmer Prof. Rüdiger Stein vom Alfred-Wegener-Institut. "Möglicherweise war das Nordpolarmeer damals vom Restozean abgeschlossen, so dass das Oberflächenwasser aussüsste und sich der Farn ausbreiten konnte."

Klimawandel früher als erwartet

Weitere vier Millionen Jahre später war es in der Arktis weiter bereits deutlich kühler. "Wir haben in den Sedimenten ein Anzeichen dafür gefunden, dass Teile des Arktischen Ozeans vor etwa 45 Millionen Jahren erstmals von Meereis bedeckt waren. Das ist deutlich früher als bislang angenommen", meint Dr. Jens Matthiessen. Die Bohrkerne belegen außerdem, dass das Polarmeer während der letzten etwa 15 Millionen Jahre permanent eisbedeckt war.

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Die Arktische Bohrexpedition stellte die erste europäische Expedition im Rahmen des Integrierten Ozean Bohrprogramms (Integrated Ocean Drilling Program, IODP) dar, an dem unter anderem auch Japan und die Vereinigten Staaten beteiligt sind. Sie wurde vom Europäischen Konsortium für wissenschaftliche Meeresbohrungen (European Consortium for Ocean Research Drilling = ECORD) geplant und durchgeführt. Dem ECORD gehören 16 europäische Nationen sowie Kanada an. Das Bohrkernlager an der Universität Bremen ist eins von drei IODP-Lagern weltweit. Dort sind derzeit gut 85 Kilometer Meeressedimente vor allem aus Atlantik, Mittelmeer und Karibik archiviert.

(Forschungszentrum Ozeanränder, 01.06.2006 – NPO)

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