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Wie misst man 407 Grad Celsius?

Herausforderung in 3.000 Meter Wassertiefe

Temperatur-Sonde © RCOM

Mit einem speziellen, an der Universität Bremen entwickelten Thermometer maßen Wissenschaftler in 3.000 Meter Tiefe jetzt mit 407 Grad Celsius die höchste jemals im Meerwasser registrierte Temperatur. Die Messung fand während der 68. Fahrt der Meteor am Mittelatlantischen Rücken bei 5° Süd statt. Doch mit welcher Technik konnten die Forscher diese hohen Temperaturen erfassen?

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Die normale Temperatur an Meeresboden in dieser Tiefe liegt zwischen zwei und drei Grad Celsius. Alle Geräte, die hier arbeiten, müssen dem enormen Druck und dem aggressiven Salzwasser standhalten. Doch an den heißen Quellen der Tiefsee, den Schwarzen Rauchern, sprudelt extrem heißes säurehaltiges Wasser aus meterhohen Schloten: „Druck, Salzwasser, dazu noch ätzende Säuren und die extreme Temperaturen – dies muss ein Gerät aushalten, das an so extremen Orten wie Schwarzen Rauchern arbeiten soll“, so Hans-Hermann Gennerich, von der Universität Bremen. Der Geophysiker hat für die Universität Kiel eine Sonde entwickelt, die all diesen Einflüssen standhält. Gar nicht so einfach, denn: „Das Thermometer muss sehr dünn sein, damit es sehr schnell die Temperaturen richtig anzeigt“. Andererseits muss so ein Gerät dennoch mechanisch stabil sein. Das stellt hohe Anforderungen an das Material. Ein Titanröhrchen hielte zwar Druck, Säure und Hitze stand, wäre jedoch zu biegsam – es dürfte nirgends anecken. „Und das ist einfach nicht möglich“ erklärt Gennerich.

Druck: 300 Kilogramm pro Quadratzentimeter

„Der dünne Stab, der in das austretende Wasser gehalten wird, ist aus besonderem Stahl. Dies ist nötig, da viele Zusätze, die den Stahl fester machen, ihn anfälliger für Korrosion durch Salze und Säuren machen – und die hohen Temperaturen verstärken die ätzende Wirkung.“ „Da innerhalb der Sonde derselbe Druck herrscht, wie an der Oberfläche, drückt das Wasser in 3.000 Meter Tiefe mit 300 bar auf das Gehäuse. Das sind 300 Kilogramm pro Quadratzentimeter, mehr als wenn ein schwerer LKW darüber fährt“ erläutert Gennerich weiter.

Auch die Isolierung der elektrischen Kabel bereitete Kopfzerbrechen. „Selbst Teflon, das normalerweise gute Dienste leistet, verdunstet bei 270 Grad Celsius. Daher nehmen wir ein dünnes Geflecht aus Glasfasern. Auch gelötete Verbindungen halten nicht, wenn das Lötzinn schmilzt.“ Sorgen, dass die Sonde aufgrund der extremen Bedingungen versagen könnte hatte Gennerich nicht: „Wir haben die Sonde für 4.000 Meter Tiefe und Temperaturen bis 450 Grad Celsius ausgelegt. Natürlich kann immer etwas kaputt gehen, aber das ist dann Expedition.“

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Heiß, heißer, am heißesten

Doch selbst wenn die Sonde allen Anforderungen genügt, bleibt noch die Frage wie man sie genau im Schlot eines Schwarzen Rauchers positioniert. „Da die Sicht in der Nähe der Schwarzen Raucher meist sehr schlecht ist, orientiert sich der Pilot des Tauchroboters an der Temperaturanzeige. Das ist ein wenig wie Topfschlagen: warm, kalt, wärmer, heiß, heißer, am heißesten. Damit dieses Spiel bis zu 4.000 Meter unter dem Steuerstand des Roboters an Bord des Forschungsschiffes funktioniert, muss die Sonde auf Veränderungen sehr schnell reagieren.“ Diesmal hatten die Wissenschaftler jedoch Glück, die Strömung war schwach und der Tauchroboter QUEST des Bremer Meeresforschungsinstituts MARUM konnte in der Nähe des Schlotes parken und die Sonde direkt in den Schlot einführen.

Daher wissen die Wissenschaftler auch, dass der Rekord kein Zufall oder Messfehler war, denn die gleichzeitige Probennahme des Wassers dauert mehrere Minuten und die Temperatur war über diesen Zeitraum konstant. Konstant heiß. Außerdem ist auf den Videoaufnahmen zu erkennen, dass das Wasser kocht. Und das tut es bei den Druckverhältnissen exakt bei 407 Grad – genau der gemessenen Temperatur.

(Kirsten Achenbach, RCOM, 29.05.2006 – AHE)

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