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Klima

Wetterextreme bedrohen vor allem Arme

Klima-Risiko-Index 2006 spiegelt Betroffenheit der Staaten im Jahr 2004 wider

Ärmere Länder leiden stärker unter Wetterkatastrophen als reiche: Dies geht aus dem Globalen Klima-Risiko-Index 2006 hervor, den die Umweltorganisation Germanwatch gestern in Bonn vorgestellt hat. Der Index vergleicht alle Staaten der Welt hinsichtlich der Betroffenheit durch extreme Wetterereignisse wie Hurrikans, Überschwemmungen oder Dürren.

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"In der Öffentlichkeit werden bei Wetterkatastrophen häufig nur die absoluten Schadenssummen in Geldwerten vermittelt, diese sind zwar wegen der größeren zerstörten Werte in reichen Ländern wie den USA um ein Vielfaches höher als in Ländern wie Bangladesch oder Kenia.", sagte Sven Anemüller, Klima-Referent von Germanwatch. Setzt man aber die Schadenssummen ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, so werden die oft verheerenden Auswirkungen auf die ärmeren Länder deutlich. Ähnliches gilt für das Verhältnis von Todesopfern zur Gesamtbevölkerung eines Landes.

Der Index spiegelt die Betroffenheit der Staaten im Jahr 2004 wider und zeigt die zehn am meisten betroffenen Staaten, die Down10. Dem stellt er die Betroffenheit in den letzten zwei Dekaden gegenüber, um einschätzen zu können, ob es sich bei der Platzierung um einen Ausreißer oder um den Teil eines Trends handelt.

Somalia am stärksten betroffen

Im Jahr 2004 war nach dieser Gesamtanalyse Somalia am stärksten von Wetterextremen betroffen, gefolgt von der Dominikanischen Republik und Bangladesch. Die USA belegen den neunten Platz, trotz der absolut höchsten Schäden von fast 50 Milliarden US-Dollar. Für Deutschland ergibt sich Platz 33 in der Gesamtbilanz. Einzig bei den Schadenssummen war Deutschland unter den Down10 vertreten, mit Schäden von 1,3 Milliarden US-Dollar.

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"Die Industrieländer stehen als Hauptverursacher des Klimawandels in der Verantwortung, die besonders betroffenen Entwicklungsländer bei der Anpassung an die nicht mehr vermeidbaren Folgen zu unterstützen", so Anemüller, auch mit Blick auf die derzeit in Bonn stattfindenden UN-Verhandlungen über die Zukunft der internationalen Klimapolitik.

Beispiele wie Philippinen oder Kuba zeigen aber auch, dass durch gezielte Bildungsarbeit die Katastrophenvorsorge deutlich verbessert und die Auswirkungen von Wetterextremen teilweise begrenzt werden können.

"Gleichzeitig müssen wir alle die vielen Möglichkeiten zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes wie Erneuerbare Energien und Energieeffizienz noch stärker nutzen. Die Politik muss dringend die Rahmenbedingungen setzen, damit die globalen Emissionen bis Mitte des Jahrhunderts um 50% gegenüber 1990 sinken. Nur so kann das Risiko eines in großem Maßstab gefährlichen Klimawandels verringert werden, der die Anpassungsfähigkeit vieler Menschen und ganzer Gesellschaften überfordern würde."

Mehr Naturkatastrophen in der Karibik?

Für Eberhard Seiler von der Deutschen Welthungerhilfe ist die durch Klimaveränderungen beeinflusste Zunahme der Naturkatastrophen auch in der Karibik und Zentralamerika offensichtlich: "Seit Mitte der 90er Jahre ist die Häufigkeit schwerer Hurrikane um rund 170 Prozent angestiegen. Die extremen Schäden, die der Hurrikan Wilma in den USA anrichtete, haben die Öffentlichkeit und die Fachwelt aufgeschreckt. Wenig Aufmerksamkeit erhalten dagegen arme Länder wie Haiti, die Dominikanische Republik, Kuba oder die zentralamerikanischen Staaten, in denen viele tausend Menschen in den letzten beiden Jahren Opfer der Wirbelstürme wurden. Der Klimawandel führt aber auch zu schleichenden Veränderungen. Die Intensität und Häufigkeit der Niederschläge hat sich deutlich verlagert. In den Ostprovinzen Kubas etwa leiden die Menschen seit acht Jahren unter extremer Trockenheit, die die Trinkwasserquellen versiegen lässt und die Nahrungsmittelproduktion beeinträchtigt."

"Es gibt immer deutlichere Anzeichen für eine Beschleunigung des globalen Klimawandels, der – neben anderen Risiken wie dem steigenden Meeresspiegelanstieg und der dramatischen Gletscherschmelze z.B. im tibetischen Hochplateau – in vielen Regionen eine schwer zu bewältigende Veränderung oder gar eine Intensivierung von Wetterextremen erwarten lässt", sagt auch Christoph Bals von Germanwatch.

Seiler von der Welthungerhilfe kritisiert, dass zunehmend weniger Finanzmittel für längerfristige Entwicklungsprojekte bereitgestellt würden, die weniger spektakulär sind und keine schnellen Erfolgsmeldungen erwarten lassen. Er forderte ein Umdenken der öffentlichen Geber, um Katastrophenprävention stärker zu fördern. "Prävention kann Katastrophen verhindern oder zumindest die Schäden begrenzen", sagte Seiler. "Frühe Hilfe spart langfristig Kosten."

Der Globale Klima-Risiko-Index basiert auf Daten des renommierten Bereichs GeorisikoForschung "NatCatService" der Münchner Rück und setzt diese mit anderen Wirtschafts- und Bevölkerungsdaten der Weltbank und des UN-Entwicklungsprogramms in Beziehung.

(Germanwatch, 23.05.2006 – DLO)

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