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Physik

Teamwork von Wassermolekülen macht Proteine fit

"Nanoskop" weist aktive Funktion des Wassers nach

Ein Durchbruch bei der Erforschung der Bausteine des Lebens ist jetzt einem Bochumer Forscherteam gelungen: Sie konnten mithilfe einer neuen Technik das präzise aufeinander abgestimmte Zusammenspiel einzelner Wassermoleküle in der Nanowelt eines Proteins beobachten. Damit muss, so die Forscher, die Rolle des biologischen Wassers für die Proteinfunktion neu bewertet werden.

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Proteine regeln alle Lebensprozesse in der Natur. Fehlfunktionen sind verantwortlich für viele Krankheiten wie Krebs. "Daher ist es wichtig die Funktion und Interaktion von Proteinen in Netzwerken zu verstehen", so Professor Klaus Gerwert vom Lehrstuhl für Biophysik an der Ruhr-Universität Bochum. "Nur so lassen sich gezielt Medikamente entwickeln und können deren Wirkungen verstanden werden."

Die Forscher konnten mithilfe der von ihnen entwickelten trFTIR (zeitaufgelösten FTIR) Spektroskopie erstmals zeigen, wie ein Membranprotein gezielt das Zusammenspiel einzelner Wassermoleküle nutzt, um seine Arbeit zu verrichten, nämlich von der Sonne angetrieben Protonen gegen einen äußeren Widerstand zu pumpen.

Entgegen der herrschenden Lehrmeinung können Wassermoleküle genau wie Aminosäuren aktive Funktionen in einem Protein übernehmen, so die Biophysiker im Wissenschaftsmagazin Nature. Nachdem die Forscher die Leistungsfähigkeit der trFTIR Spektroskopie so eindrucksvoll demonstrieren konnten, wollen sie jetzt die Wirkung von Medikamenten auf Proteine sehr viel präziser als bisher untersuchen.

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Durch ein von Gerwert patentiertes Verfahren können Substanzbibliotheken mit dieser Methode im Hochdurchsatzverfahren vermessen werden. "Das sollte zur Entwicklung von Medikamenten mit weniger Nebenwirkungen führen", hofft der Forscher.

Film statt Schnappschuss

Heute eingesetzte Methoden, die so genannte "Proteomik" und "strukturelle Genomik", können Proteine identifizieren und die atomare Struktur von Proteinen auflösen, nicht aber deren Dynamik. Es konnte bisher eine Art "Schnappschuss" vom eingefrorenen Protein aufgenommen werden. Die neue Bochumer trFTIR macht dagegen das Funktionieren von Proteinen und ihre dynamischen Interaktionen in Netzwerken sichtbar.

"Man schaut quasi durch ein "Nanoskop" in Echtzeit in die Proteinnanowelt", erklärt Gerwert. Damit kann die trFTIR zu einem zentralen Werkzeug der Systembiologie werden, da sie im Prinzip auch an Zellmembranen und an der lebenden Zelle eingesetzt werden kann.

Unkontrolliertes Zellwachstum durch Proteinfehler

In der Medizintechnik wurden bislang Ras-Proteine beobachtet, die eine zentrale Rolle bei der Tumorentstehung spielen. Sie werden durch einen Wachstumsimpuls angeschaltet. Ist der Schalter blockiert, kommt es zu unkontrolliertem Zellwachstum. In praktisch allen Tumoren werden onkogene Ras-Mutanten gefunden.

Die trFTIR Spektroskopie soll helfen, den Abschaltmechanismus besser zu verstehen und so Medikamente gegen Krebs entwickeln zu können. In Zukunft werden mit der Methode besonders Proteine der sogenannten GPCR-Familie untersucht, mit denen wir sehen, riechen oder schmecken können. Deren detailliertes Funktionieren ist noch weitgehend unbekannt. Damit soll die Diagnose und Therapie insbesondere von neurologischen Erkrankungen verbessert werden.

Forscher ausgezeichnet

Für ihre Forschungsergebnisse haben die Biophysiker jetzt den Anerkennungspreis des Innovationspreises Ruhr erhalten. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert und wurde unter 145 Bewerbern vergeben.

(idw – Ruhr-Universität Bochum, 02.05.2006 – DLO)

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