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Ökologie

Exotische Pflanzen: Beflügelt durch natürliche Feinde?

Neue Studie widerlegt bisherige Theorien zur Ausbreitung invasiver Pflanzenarten

Riesenbärenklau © USDA

Eingeschleppte exotische Pflanzen verbreiten sich bei uns besonders schnell, weil ihnen hier die natürlichen Feinde fehlen – so jedenfalls bisher die gängige Lehrmeinung. Doch jetzt scheint eine soeben in „Science“ erschienene Studie das Gegenteil zu belegen: Sie zeigt, dass exotische Pflanzen in Gegenwart ihrer natürliche Feinde sogar besser gedeihen.

Pflanzen, die in einer Region ursprünglich nicht heimisch sind, sondern eingeschleppt oder aber bewusst eingeführt wurden, stellen immer häufiger ein Problem dar: Diese so genannten invasiven Arten breiten sich ungezügelt aus, verdrängen heimische Arten und können ganze Ökosystem aus der Balance bringen. In Deutschland beispielsweise machten in diesem Zusammenhang der Riesenbärenklau oder die Späte Traubenkirsche bereits Schlagzeilen. Für die USA wird der jährliche Schaden durch invasive Arten auf 120 Milliarden Dollar geschätzt.

Als Ursache für die ungezügelte Ausbreitung der invasiven Arten galt bisher der Mangel an natürlichen Feinden. Forscher des Georgia Institute of Technology um den Biologen John Parker haben dies jetzt nachgeprüft. Sie analysierten dafür 63 Studien zu insgesamt mehr als 100 exotischen und 400 einheimischen Pflanzenarten. Besonders im Fokus standen dabei nicht Insekten sondern Wirbeltiere als Pflanzenfresser.

“Gewohnte Feinde“ fördern Häufigkeit und Vielfalt

Das Ergebnis der Studie: Entgegen bisherigen Annahmen scheint die Anwesenheit ihrer – in der Regel ebenfalls eingeschleppten oder sogar zum Zwecke ihrer Bekämpfung gezielt eingeführten natürlichen Feinde die Ausbreitung der Exoten geradezu zu beflügeln: Nicht nur Anteil der invasiven Pflanzenarten, auch ihre Vielfalt lag überall dort höher, wo ihre natürliche Feinde ebenfalls vorhanden waren.

“Exotische Herbivoren können das Wachstum der exotischen Pflanzen fördern, indem sie selektiv einheimische Pflanzen fressen. Sie machen damit Ressourcen frei für die exotischen Pflanzen, die diesen Pflanzenfressern besser widerstehen können“, erklärt Parker. „Diese Ergebnisse sind insbesondere deshalb interessant, weil auf den meisten Kontinenten die ursprünglich heimischen Pflanzenfresser von frühen Siedlern nahezu ausgerottet wurden, um Raum für ihre eingeführten Pflanzen fressenden Nutztiere zu schaffen.“ In Amerika brachten die frühen Einwanderer beispielsweise ihre Kühe und Schafe mit und rotteten im Laufe der Zeit die Bisons als vermeintliche Konkurrenten ihrer Tiere aus.

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Vorzugskost für heimische Pflanzenfresser

Bisher galt die Annahme, die invasiven Arten breiteten sich auch deshalb so erfolgreich im neuen Gebiet aus, weil die einheimischen Pflanzenfresser sie nicht kennen und daher verschonen würden. Doch auch dem widersprechen die Ergebnisse der neuen Studie: Einige Untersuchungen, darunter auch eine von Parker selbst, ergaben, dass einheimische Pflanzenfresser teilweise sogar die neuen „Einwanderer“ ihrer normalen Nahrung vorziehen und dadurch durchaus deren Ausbreitung hemmen könnten.

In einem Falle reduzierten die ortsansässigen Herbivoren die relative Häufigkeit der exotischen Pflanzen um 28 Prozent. Nach Ansicht der Forscher könnte dies daran liegen, dass die invasiven Pflanzenarten sich noch nicht an die Bedrohung durch die natürlichen Feinde anpassen konnten. Als Folge fehlen ihnen entsprechende Abwehrmaßnahmen und sie sind leichte Beute für die einheimischen Pflanzenfresser.

Nicht nur Insekten, auch Wirbeltiere zur Bekämpfung geeignet

Die meisten bisherigen Untersuchungen zur „Natürlichen Feinde-Hypothese“ bei invasiven Pflanzenarten konzentrierten sich auf Insekten. Doch Parker merkt dazu an, dass Insekten zwar effektiv das Wachstum und die Biomasse der von ihnen befallenen Pflanzen reduzieren, sie selten aber ganz zerstören. Im Gegensatz dazu fressen die weit größeren, Pflanzen fressenden Wirbeltiere die Pflanzen buchstäblich mit Stumpf und Stiel und haben so oft eine ähnlich große oder sogar größere Auswirkung auf Pflanzengemeinschaften.

Diese Ergebnisse haben daher auch Bedeutung für die Bekämpfung der in vielen Regionen bereits zur Plage gewordenen invasiven Pflanzen und zur Erhaltung der heimischen Ökosysteme. „Die Wiederansiedelung und Förderung der heimischen Pflanzenfresser in ihren ursprünglichen Lebensräumen und die gleichzeitige Reduktion der exotischen Pflanzenfresser könnte ein effektives Werkzeug sein, um invasive Pflanzen zurückzudrängen“, erklärt Parker.

(Georgia Institute of Technology, 10.03.2006 – NPO)

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