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Zellbiologie

Zelle: Architektur der „Fettsäure-Fabrik“ enträtselt

Forscher ermitteln Struktur von Fettsäure-Synthasen

Gesättigte und ungesättigte Fettsäure © MMCD

Forscher haben erstmals die Struktur der Enzyme bestimmt, die für die Bildung von Fettsäuren in höheren Organismen verantwortlich sind. Diese so genannten Fettsäure-Synthasen zählen zu den komplexesten biologischen Synthese-Maschinen überhaupt. Die Wissenschaftler wollen mit ihrer Hilfe neue Medikamente gegen verschiedene Krebsformen, krankhaftes Übergewicht oder Pilzinfektionen entwickeln.

Die Synthese von Fettsäuren ist eine zentrale Aufgabe aller Zellen und wird seit mehreren Jahrzehnten intensiv untersucht. Fettsäuren sind an einer Vielzahl biologischer Prozesse beteiligt. So dienen sie unter anderem als Energiespeichersubstanzen und als zelluläre Botenstoffe. Die einzelnen Schritte der Fettsäure-Biosynthese wurden bisher zumeist an isolierten bakteriellen Enzymen untersucht. In höheren Organismen – mit Ausnahme der Pflanzen – führen jedoch molekulare Fabriken, die alle benötigten Enzymaktivitäten in einem Komplex vereinen, die Fettsäure-Synthese aus.

Komplexe Architektur der Fettsäure-Synthasen

Die in der aktuellen Ausgabe von "Science" veröffentlichte Studie der Forscher der ETH Zürich und des Nationalen Schweizer Forschungsschwerpunktes Strukturbiologie um Professor Nenad Ban zeigt, dass die Fettsäure-Synthasen in Pilzen und Säugetieren bemerkenswert verschieden aufgebaut sind. Obwohl beide Systeme die gleiche Aufgabe erfüllen, ermöglichen ganz verschiedene Architekturen den Transport der Zwischenprodukte von einer enzymatisch aktiven Stelle zur nächsten.

Während die Pilz-Variante die Form eines Fasses besitzt, das durch eine mittlere Ebene in zwei Reaktionskammern aufgeteilt wird, ist das Säuger-Enzym x-förmig und aus zwei seitlichen Reaktionsräumen aufgebaut. Zur erfolgreichen kristallographischen Strukturaufklärung und zur Datensammlung an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz (SLS) des Paul Scherrer Instituts (PSI) in Villigen mussten zahlreiche technische Schwierigkeiten überwunden wurde. So hätten die verwendeten Kristalle wegen Ihrer geringen Größe noch vor wenigen Jahren als unbrauchbar gegolten.

Ansatzpunkte für Medikamentenentwicklung

Das Verständnis dieser molekularen Fabriken und ihrer Funktionsweise in der Zelle ist von mehr als nur grundlegendem wissenschaftlichen Interesse. Die Fettsäure-Synthasen sind auch wichtige Ansatzpunkte der Medikamentenentwicklung. Da sich das Pilz-Enzym grundsätzlich von seinem menschlichen Pendant unterscheidet, haben spezifische Hemmstoffe Potenzial als selektive Anti-Pilzmittel. Im Falle des Säuger-Enzyms haben Forscher bereits gezeigt, dass Hemmstoffe der menschlichen Fettsäure-Synthase gegen Übergewicht eingesetzt werden können. Damit sind solche Substanzen auch zur Bekämpfung von Erkrankungen geeignet, die durch Übergewicht begünstigt werden, wie Formen von Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

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Da aggressive Krebszellen häufig einen besonders hohen Fettsäure-Synthase-Spiegel benötigen, dient dessen Bestimmung der Prognose des Krankheitsverlaufes. Die Hemmung der Fettsäure-Synthase kann das Krebswachstum blockieren und bietet nach Ansicht der Forscher einen neuen Ansatzpunkt für die Tumortherapie. Das jetzt erlangte Verständnis über die Architektur der Fettsäure-Synthase und darauf aufbauende Arbeiten eröffnen die Möglichkeit einer gezielteren Entwicklung neuer Hemmstoffe.

Megasynthasen sind Produzenten bedeutender Medikamente

Dank der neuen Erkenntnisse sind die Fettsäure-Synthasen die bislang bestuntersuchten Mitglieder einer Familie von zellulären Fabriken, den so genannten Megasynthasen. Diese sind für die Produktion vieler klinisch bedeutsamer Medikamente wie Antibiotika und Immunsuppressiva durch Mikroorganismen verantwortlich.

Die Übertragung der neu gewonnen Erkenntnisse und die Anwendung der zur Strukturaufklärung der Fettsäure-Synthasen entwickelten Methoden auf weitere Megasynthasen werden nun dazu dienen, ein umfassendes Verständnis der Struktur und Funktion dieser für unsere Gesundheit so bedeutenden Klasse von molekularen Fabriken zu gewinnen.

(idw – Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, 06.03.2006 – DLO)

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