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Medizin

Vogelgrippe: Gefahr am Vogelhäuschen?

Virenübertragung durch Taube, Meise und Co. eher unwahrscheinlich

Schwäne, Enten und Gänse sind in Zeiten der Vogelgrippe für viele von niedlichen Wasservögeln zu gefiederten Angstobjekten mutiert. Aber wie sieht es mit anderen Vogelarten aus? Müssen Stadtbewohner sich jetzt auch vor den allgegenwärtigen Tauben in Acht nehmen? Nein, sagen dazu die Experten. Singvögel, Tauben und Störche gelten derzeit als eher gefahrlos.

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Von Kleinvögeln, Tauben, Eulen oder Störchen geht derzeit nach Einschätzungen der Experten vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell keine Gefahr aus. Zwar können alle Vogelarten an Vogelgrippe erkranken, wie im Laborversuch bei vielen Arten durch künstliche Infektion mit dem Vogelgrippe-Erreger H5N1 gezeigt wurde, jedoch besteht nur für wenige Arten das Risiko, dass sie im Freiland überhaupt mit dem Virus in Kontakt kommen.

Singvögel nur selten Virenträger

Auch in den schweren Ausbruchsgebieten in Südostasien erkranken längst nicht alle Wildvögel im Umkreis der befallenen Vogelbestände. Schwer betroffen sind bisher immer nur Schwäne, Enten oder Gänse. Als reine Vorsichtsmaßnahme erscheint es derzeit sinnvoll, den Kontakt mit den beiden Hauptrisikogruppen soweit möglich zu reduzieren. Hierzu gehören Wasservögel (Enten, Gänse, Schwäne) und Vögel, die sich von kranken oder toten Wasservögeln ernähren (beispielsweise Möwen und einige Greifvogelarten).

Trotz umfangreicher Untersuchungen wurde das H5N1-Vogelgrippevirus bisher nie in einem Storch, einer Schwalbe oder einer Meise gefunden. Auch bei wildlebenden Eulen konnten keine Vogelgrippefälle nachgewiesen werden. Singvögel sind fast nie Träger von Vogelgrippeviren. Unter den Ausnahmen befinden sich vor allem Sperlinge und Stare, die in China und Südostasien im unmittelbaren Umkreis von massiv von Vogelgrippe befallenen Geflügelhaltungen gefunden wurden und die sich offensichtlich dort erst an Hausgeflügel infiziert haben.

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Vogelhäuschen keine Gefahrenquelle

Die normale Winterfütterung am Vogelhäuschen ist weiterhin unbedenklich und kann in normalem Rahmen fortgeführt werden. Nach Reinigungs- und Unterhaltungsarbeiten an den Futterstellen empfehllen die Experten allerdings, die Hände gründlich mit Seife zu waschen und alle möglicherweise verschmutzten Kleidungsstücke ebenfalls gründlich zu reinigen.

Auch wenn ein toter Kleinvogel im Garten gefunden wird, ist Vogelgrippe als Ursache eher unwahrscheinlich. Meistens sind Kälte und Nahrungsmangel der Grund. Auch aufgeplusterte und wenig bewegungsaktive Vögel sind bei kalten Temperaturen eine ganz normale Erscheinung, da diese Verhaltensweise zur natürlichen Reaktion auf solche Witterungsbedingungen zählen. Die weitaus meisten Fälle toter Vögel in der Umgebung von Vogelhäuschen betreffen erfahrungsgemäß Vögel, die sich beim Anflug an eine Fensterscheibe tödlich verletzt haben, si die Auskunft der Vogelkundler.

Tauben: Nur geringe Virenmenge

Von Tauben ist bekannt, dass sie zwar auch am Vogelgrippevirus erkranken können und dann vor allem über den Kot für eine bestimmte Zeit Viren ausscheiden können, jedoch zeigte sich in Laborversuchen, dass diese Mengen ausgeschiedener Vogelgrippeerreger nicht einmal ausgereicht haben um empfindliche Hühner zu infizieren – geschweige denn dass diese Dosis irgend eine Bedrohung für den Menschen darstellen würde. Gleiches dürfte nach bisherigen Berichten infizierter Wildvögel unter anderem auch für die anderen Singvogelarten und den Storch gelten.

Generell scheiden befallene Wildvögel viel weniger Viren aus als befallenes Hausgeflügel, so daß ihr Kot eine viel geringere Infektionsgefahr birgt. Zudem wurde die Infektion eines Menschen über Wildvögel bisher nie nachgewiesen. Sie gilt auch deswegen als unwahrscheinlich, weil der Kontakt mit Wildvögeln nicht so eng sein kann, wie mit Hausgeflügel – einzige Ausnahme ist der intensive Umgang mit toten Wildvögeln bis hin zu deren Verzehr ohne ausreichendes Erhitzen (mindestens 70° C).

Dennoch wäre es falsch, Vogelkot oder auch Vogelfedern im Moment als generell ungefährlich zu bezeichnen, denn selbst wenn von beiden keine ernstzunehmende Infektionsgefahr für den Menschen ausgeht, so besteht doch eine Infektionsgefahr für andere Vögel und damit die Gefahr einer Ausbreitung der Seuche.

(Max-Planck-Institut für Ornithologie, 06.03.2006 – NPO)

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