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Klima

Europa: „Comeback“ für kalte Winter?

Verbessertes Klimamodell belegt Einfluss der Arktis auf das Klima Europas

Differenzen West-Ost-Komponente des Windes in ca. fünf Kilometern Höhe zwischen alten und neuen Modellrechnungen. In gelb-rot ist die Strömung im neuen Modell westlicher, in grün-blau östlicher als im alten Modell. © Dethloff et all. GRL

Das Wettergeschehen im nordatlantischen Raum wird sich vermutlich in Zukunft deutlich verändern. Darauf deuten neue Klimasimulationen hin. Wie die Forscher in der Fachzeitschrift Geophysical Research Letters berichten, könnten trockene und kalte Winter schon bald häufiger auftreten als bisher angenommen.

Die Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Institutes, der GKSS und weiterer Forschungsinstitutionen entwickelten im Rahmen eines EU-Projektes ein Ozean-Atmosphären-Modell, das verbesserte Aussagen zur Klimaentwicklung erlaubt. Dies gelang durch eine genauere Berechnung des Rückstrahlvermögens für Sonnenstrahlung, dem offenbar wichtigsten Faktor für die polare Verstärkung der globalen Erwärmung.

Das globale Klima wird maßgeblich durch die Polarregionen beeinflusst: Eisflächen besitzen ein großes Rückstrahlvermögen für Sonnenstrahlung, die Albedo. Vom Eis bedeckte Bereiche erwärmen sich daher deutlich weniger als unbedeckte Gebiete. Führt globale Erwärmung zu einem Rückgang der Eisbedeckung, sinkt die Albedo und verstärkt damit die Erwärmung weiter.

Mögliche Änderungen der Eisdicke, der Eisausdehnung und der beschriebenen Eis- und Schnee-Albedo-Rückkopplung stellen bisher eine der größten Unsicherheiten bei der Vorhersage der zukünftigen Klimaentwicklung dar. Eine verbesserte Berechnung der Eis- und Schnee-Albedo-Rückkopplung durch die Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Institutes, der GKSS und weiterer Forschungsinstitutionen wurde zunächst in einem regionalen Klimamodell der Arktis getestet und dann in einem globalen Klimamodell des gekoppelten Systems Atmosphäre-Ozean-Meereis berücksichtigt.

„Ein Modelllauf über 500 Jahre dauert ungefähr zwei Monate“, erklärt Andreas Benkel vom GKSS-Forschungszentrum in Geesthacht. „In der Regel läuft so eine Simulation in vielen Teilstücken von zehn Jahren, dann wird gespeichert und neu gestartet.“

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Globale Auswirkungen arktischer Klimaprozesse

Die Modellierungsergebnisse zeigen eine Umverteilung der Energieflüsse in der Arktis. Dadurch wird die Nordatlantische Oszillation (NAO) beeinflusst. Unter der NAO versteht man die Schwankung des Druckverhältnisses zwischen dem Islandtief im Norden und dem Azorenhoch im Süden des Nordatlantiks. Man unterscheidet eine positive und eine negative Phase. Diese Luftdruckschwankungen gehen in der positiven Phase einher mit einer verstärkten West-Ost-Strömung über dem Nordatlantik. Dadurch gelangt vermehrt warme und feuchte Meeresluft nach Nord- und Mitteleuropa. In der negativen Phase schwächt sich die West-Ost-Strömung ab und es wird verstärkt kalte Polarluft nach Europa transportiert.

Vergleich des Luftdrucks zwischen alten und neuen Modellrechnungen. Rote Bereiche deuten auf einen höheren durchschnittlichen Luftdruck in den neuen Modellrechnungen hin, blaue auf einen niedrigeren. Links: Mittelwert über die ersten 250 Winter des 500-jährigen Modellaufs, rechts: Mittelwert über die zweiten 250 Winter. © Dethloff et all. GRL

„Die gegenwärtig beobachtete Erwärmung im Winter steht im Zusammenhang mit den Änderungen der Fernverbindungsmuster der Nordatlantischen Oszillation oder der Arktischen Oszillation“, so Professor Klaus Dethloff vom Alfred- Wegener-Institut. „Dieses globale Muster der Luftdruck- und Temperaturverteilung hat sich in den letzten fünf Jahrzehnten deutlich verändert. In den Wintern trat eine deutliche Erwärmung und in den Sommern ein leichte Abkühlung auf.“

Das verbesserte Modell sagt eine Tendenz zur negativen NAO-Phase voraus. „Die verbesserte Parametrisierung des Klimamodells zeigt, dass die globalen Muster der mittleren Troposphäre denen der nordatlantischen und arktischen Oszillation ähneln“, sagt Dethloff. Diese Schwankungen üben einen starken Einfluss auf das Klima Europas aus. Die Stärke der Westwinde und der Verlauf von Stürmen werden beeinflusst. Kalte und trockene Winter könnten somit häufiger auftreten.

(idw – Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, 02.03.2006 – DLO)

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