Wissenschaftler haben ein virtuelles Muskelmodell entwickelt, das das natürliche Verhalten eines Skelettmuskels unter verschiedenen Bedingungen darstellen kann. Dies könnte ein erster Schritt auf dem Weg zum künstlichen Muskel sein.
Verschleiß im Alter, Nerven- und Muskelkrankheiten oder Lähmungen nach Unfällen können der Grund dafür sein, dass unsere Skelettmuskeln nicht mehr richtig funktionieren. Der Traum vom künstlichen Muskelersatz liegt nahe – seine Verwirklichung ist noch fern. Auf dem Weg dahin ist es wichtig, die normale Funktion des Muskels zu verstehen, um zu wissen, welche Kraft ein künstlicher Muskel haben müsste, um einen natürlichen Bewegungsablauf zu ermöglichen, wo wann welche Reize eingehen müssten.
Dabei soll das neue virtuelle Muskelmodell helfen, über das Maschinenbauer um Professor Dr. Stefanie Reese in der aktuellen Ausgabe von RUBIN, dem Wissenschaftsmagazin der RUB berichten.
Passive und aktive Kraft wirken zusammen
Verschiedene Parameter bestimmen die Kraft, die ein Skelettmuskel maximal ausüben kann: Die Dicke der Muskelzellen (physiologischer Aspekt), die Häufigkeit der über den versorgenden Nerv eingehenden elektrischen Reize (neurologischer Aspekt) und die Anzahl der durch einen Reiz zur Kontraktion angeregten Muskelfaserbündel (morphologischer Aspekt). Diese Informationen muss der Benutzer der Muskelsimulation in den Computer eingeben.
Bei der Modellierung eines Muskels spielen aber noch viele weitere Faktoren eine Rolle: So mussten die Forscher z.B. berücksichtigen, dass die Kraft des Muskels nicht nur aus der aktiv durch Kontraktion von Muskelzellen ausgeübten Kraft besteht, sondern mit der passiven Kraft zusammenwirkt, die in der Zähigkeit der Fasern liegt. Auch sind die Muskelfasern eingebettet in Gewebe anderer Art, das wiederum bestimmte Eigenschaften hat, die sich auf das Gesamtgebilde auswirken.
Zuverlässige Abbildung des Muskelverhaltens
Für ihre Modellierung machten sich die Ingenieure unter anderem das Wissen zunutze, das sie über die Materialeigenschaften von Gummi besaßen. Es verhält sich in gewissem Maße ähnlich wie biologisches Gewebe. Durch einen Kunstgriff gelang es außerdem, aus den eindimensionalen Daten aus Physiologie und Biologie ein dreidimensionales Muskelmodell zu erzeugen, das mit wesentlich geringerem Aufwand das gesamte Verhalten eines Muskels zuverlässig abbildet.
(idw – Ruhr-Universität Bochum, 21.02.2006 – DLO)