Der Rinderwahnsinn hat weltweit für große Aufregung und immense Schäden gesorgt. Schuld an dieser Erkrankung sind schädliche Eiweiße (Prionen), die sich scheinbar unkontrolliert in Gehirnzellen ablagern und diese zerstören. Forscher der Universität Halle-Wittenberg um Professor René Csuk suchen jetzt in einem neuen Projekt nach einer Möglichkeit, den Verlauf prionischer Erkrankungen zu beeinflussen.
{1r}
Prionenerkrankungen, so genannte Transmissible spongiforme Enzephalopathien, (TSE) bilden eine biologisch einzigartige Gruppe übertragbarer Krankheiten, die sich schädlich auf das Gehirn auswirken. Prionen verursachen unter anderem „Scrapie“ bei Schafen und Ziegen und BSE bei Rindern. Über infiziertes Futter können jedoch auch andere Tiere an analogen Beschwerden leiden. So gibt es ähnliche Erkrankungen auch bei Hirschen oder Elchen und sogar auch bei Hauskatzen.
Schon frühzeitig erkannt
TSE-Erkrankungen für Menschen wurden schon frühzeitig beschrieben. Symptome zeigen sich in Form von geistigen Veränderungen, Koordinationsstörungen und fortschreitender Demenz. Prominentestes Beispiel sind die durch Kannibalismus übertragbare Kuru-Erkrankung sowie die seit 1996 erstmals beobachtete neue Variante der schon seit 1920 bekannten – damals nur sporadisch auftretenden – Creutzfeld- Jacob-Erkrankung (vCJD).
Charakteristisch für die neue Variante ist das Auftreten zahlreicher amyloider Plaques – Eiweißablagerungen zwischen den Nervenzellen. Die steigende Sorge um das endgültige Ausmaß des vCJD-Ausbruchs macht die Suche nach effektiven, präventiven und therapeutischen Behandlungsmöglichkeiten zunehmend bedeutsam.
Nach heutigem Wissensstand werden Prionen als proteinhaltige infektiöse Teilchen definiert. Für die pathogene – also krankheitserregende – Wirkung des Prionproteins wird die Anreicherung einer anormal gefalteten Isoform des Prionproteins verantwortlich gemacht. Sie ist unter physiologischen Bedingungen unlöslich, bildet aggregierte Systeme und ist in einem hohen Maße gegen Abbaureaktionen resistent.
Strategien gegen TSE
Aus dem Wissen über mögliche Wege der Konformationsänderung – der Anordnung der Molekühle im Protein – können verschiedene Strategien gegen TSE entwickelt werden. Ein möglicher Ansatzpunkt erschien dem Team um Csuk vom Institut für Organische Chemie darin, Inhibitoren der Polymerisationsreaktion zu entwickeln.
„Es erscheint essenziell, Verbindungen zu entwickeln, die neben der Verhinderung einer weiteren Anlagerung auch eine Wiederauflösung bereits gebildeter Protein-Fibrillen verursachen“, verdeutlicht der Chemie-Professor.
Auf Basis in der Literatur beschriebener erfolgreicher Experimente mit Quinacrin, einem Arzneimittel zur Malaria-Bekämpfung, beschlossen die Forscher, die Stoffklasse der Bisacridine der in Abb. 1 angegebenen Struktur zu synthetisieren und entsprechend zu erproben.
Untersuchungen der Verbindungen mittels eines an Prionenprotein durchgeführten FACS-Verfahrens ergaben für einige der synthetisierten Verbindungen hohe, also wirkungsvolle Aktivitäten.
Einige dieser Verbindungen weisen in diesem Reaktionsablauf größere Aktivitäten auf als die bisher vom US- amerikanischen Nobelpreisträger Stanley B. Prusiner beschriebenen Leitverbindungen.
Gegenwärtig wird gezielt nach Substanzen mit noch höherer Wirksamkeit gesucht und versucht, deren Aktivität in Zell- bzw. Tierversuchen zu bestätigen.
(idw – Universität Halle-Wittenberg, 09.02.2006 – DLO)