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Medizin

Warum ergrauen Mäuse?

Forscher untersuchen Geheimnisse des Alterns im Tierversuch

Ein En-face-Präparat der Aorta einer einjährigen Maus mit starker Arteriosklerose, die einen genetisch bedingt hohen Lipidspiegel im Blut aufweist. Die arteriosklerotischen Veränderungen sind mit einem roten Farbstoff eingefärbt. © Gräbner / Universität Jena

Wir werden immer älter – im vergangenen Jahrhundert stieg in den Industriestaaten die Lebenserwartung pro Jahr um drei Monate. Im Jahr 2050 wird es daher in der Bundesrepublik mehr über 80-Jährige geben als Teenager unter 20. Was passiert in den Molekülen unseres Körpers, wenn wir altern? Können wir alt werden, ohne krank zu werden? Bleibt gesundes Altern nur ein Traum? Mit diesen und anderen Fragen zum Altern beschäftigen sich jetzt Jenaer Forscher.

Um den Geheimnissen des Alterns auf die Spur zu kommen, untersuchen die Wissenschaftler in gemeinsamen Projekten des Universitätsklinikums (UKJ) und des neuen Leibniz-Instituts für Altersforschung, (Fritz-Lipmann-Institut dabei so genannte „Modellorganismen“.

Am Jenaer Universitätsklinikum erforschen die Experten des Instituts für Vaskuläre Medizin die Mechanismen des Alterns am Beispiel der Maus. Denn typische Alterungserscheinungen von Menschen wie graue Haare, Knochen- und Muskelschwund, langsamere Reaktionszeiten bis hin zur Schwerhörigkeit treten auch bei Mäusen auf. Alter funktioniert also speziesübergreifend.

Alternde Mäuse zeigen Ursachen der Arteriosklerose auf

Die Wissenschaftler interessieren sich vor allem für eine der wichtigsten Alterskrankheiten – die Arteriosklerose, die mit ihren Folgen, den Herzkreislauferkrankungen, für mehr als die Hälfte aller Todesfälle in der Bundesrepublik verantwortlich ist. An einer genetisch veränderten Maus, der ApoE-Maus, untersuchen sie deshalb einen der wichtigsten Risikofaktoren von Arterienverkalkung und Herzkreislauferkrankungen: erhöhte Blutfette.

Diese Maus unterscheidet sich durch eine ausgeprägte lebenslange Erhöhung der Blutfette von ihren normalen Artgenossen und entwickelt zeitabhängig alle Herzkreislaufkrankheiten des älteren und alten Menschen. Die Jenaer Wissenschaftler konnten dabei bereits drastische Veränderungen des Herzkreislaufsystems und des Immunsystems in Abhängigkeit vom Alter und dem Lipidstoffwechsel (Fettstoffwechsel) der Mäuse nachweisen.

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„Besonders ausgeprägt sind die Veränderungen im zweiten Lebensabschnitt der Mäuse“, beschreibt Professor Dr. Andreas Habenicht, Direktor des Instituts, die Ergebnisse. „Das Alter ist das stärkste Risiko für Herzkreislauferkrankungen, deren molekulare Mechanismen weitgehend unerforscht sind.“ Die Ergebnisse des Jenaer Instituts legen nahe, dass es Wechselwirkungen zwischen erhöhten Blutfettwerten, dem alternden Immunsystem und der Arteriosklerose gibt.

Wissenschaftler des Instituts suchen nun zusammen mit den Kollegen vom Fritz-Lipmann-Institut nach Genen, deren Expression sich in alten Mäusen im Immunsystem und im Herzkreislaufsystem ändern und dort Arteriosklerose verursachen. Habenicht: „Einige Kandidatengene konnten wir vor kurzem identifizieren. Diese Gene regulieren interessanterweise das Immunsystem und auch die Infektabwehr bei anderen Erkrankungen.“ In einem gemeinsamen Forschungsprojekt verändern die Wissenschaftler jetzt diese Kandidatengene der ApoE-Mäuse zusätzlich, um ihre Funktion auf das Altern und die Herzkreislauferkrankungen zu untersuchen.

Afrikanischer Pfützenbewohner hilft bei der Suche nach „Todesgenen“

Parallel dazu wird am Jenaer Leibniz-Institut für Altersforschung das Erbgut des Prachtgrundkärpflings analysiert. Die Lebenszeit des Fisches beträgt in freier Wildbahn in Zentralafrika circa drei Monate: Er lebt in Pfützen, die sich während der rund dreimonatigen Regenzeit bilden. Aber: Der Fisch lebt auch im Aquarium nur drei Monate, danach stirbt er, als gäbe es einen übergeordneten Zeitplan für seine Lebenszeit.

„Wir nutzen dieses Modell, um herauszufinden, ob ein vorbestimmtes und damit unausweichliches – genetisch reguliertes und von der Umwelt (Pfütze oder Aquarium) zunächst offenbar unabhängiges – Programm den Todeszeitpunkt des Fisches bestimmt“, beschreibt Professor Dr. Peter Herrlich vom Fritz-Lipmann-Institut den Forschungsansatz. „Wir suchen nach Antworten auf die Fragen, welche ,Todesgene‘ dieses Programm regulieren, ob es diese auch im Menschen gibt und was deren Funktionen sind.“

„Es hat sich gezeigt, dass Ergebnisse von Untersuchungen, z. B. an Mäusen, durchaus Aussagekraft für den Menschen haben“, erläutert Professor Andreas Habenicht, Direktor des Instituts für Vaskuläre Medizin am UKJ. „Ein Fisch aus den Pfützen Afrikas oder eine ergrauende Maus könnten so wichtig werden, um diese grundlegenden Fragen zu beantworten.“

(idw – Universität Jena, 30.01.2006 – DLO)

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