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Umwelt

Deutschland: Absacker beim „Umwelt-Pisa“

Land erreicht nur Platz 22 beim Umweltranking des Environmental Performance Index

In einem neuen Umwelt-Ranking ist Deutschland, der vermeintliche „Musterschüler“ in Sachen Umwelt, nur auf Platz 22 von 133 Ländern gelandet. Dagegen sind die europäischen Nachbarn Schweden, Finnland, Großbritannien und die Tschechische Republik Spitzenreiter direkt hinter Neuseeland, der weltweiten Nummer Eins. Aber warum?

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Der Environmental Performance Index (EPI) der Universitäten Yale und Columbia bewertet die Umweltleistungen der Länder anhand 16 verschiedener Indikatoren. Im Auftrag des Weltwirtschaftsforums Davos soll die Studie die Vorreiter und Bummler in der Verbesserung von Umweltstandards identifizieren. Dabei legten die Wissenschaftler in Abstimmung mit den Vereinbarungen internationaler Konferenzen, wie etwa dem Kyoto-Protokoll, Zielwerte fest und maßen wie gut die Länder die einzelnen Kriterien erfüllen.

Für die Rangliste verglichen die Universitäten die Werte in sechs Umweltkategorien: Umweltgesundheit, Luftqualität, Wasserressourcen, Biologische Vielfalt und Lebensraum, Produktive Naturressourcen und Nachhaltige Energien. Dabei rutscht Deutschland mit 79,4 von 100 möglichen Punkten auf Platz 22 hinter Länder wie Kolumbien, Platz 17, und Costa Rica auf Platz 15. Ausgerechnet die deutschen „Lieblingsdisziplinen“ Nachhaltige Energien und Naturschutz sind verantwortlich für das schlechte Abschneiden.

Naturschutz mäßig

In der Kategorie Biologische Vielfalt und Lebensraum erreichte Deutschland bei dem Indikator für den Schutz von Ökoregionen gerade mal zwei Punkte von 100. Eine Kellerzahl im Vergleich zu den Spitzenreitern dieser Kategorie: Benin, Venezuela und Kambodscha mit mehr als 80 Punkten. Verständlich werden die Zahlen jedoch erst, wenn die Kriterien der Bewertung genauer unter die Lupe genommen werden. Etwa gaben die Yale-Wissenschaftler vor, dass aus jedem ökologischen Landschaftsraum des Landes mindestens zehn Prozent komplett geschützt werden sollten.

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Doch eine so große zusammenhängende Fläche in einem Land wie Deutschland mit einer Bevölkerungsdichte von durchschnittlich 231 Menschen pro Quadrakilometern und extremer Zersiedelung der Lebensräume zu finden und zu schützen ist nahezu unmöglich. Um daher die Länder mit ähnlichen Ausgangsstrukturen vergleichen zu können, haben die Forscher Gruppen ähnlicher Länder in Bezug auf ökonomische, klimatische und demographische Indizes gebildet. Und tatsächlich: In der „Peer Group“ der Länder, deren Beölkerungsdichte auf mehr als der Hälfte der Fläche höher als 100 Einwohner pro Quadratkilometer ist, liegt Deutschland immerhin auf Platz drei hinter Italien und Japan.

“Wasserkraftländer“ punkten

Die größte Verwunderung ruft jedoch das schlachte Abschneiden in der Kategorie Nachhaltige Energien hervor. Auf drei Indikatoren aufgeteilt erreicht Deutschland ausgerechnet bei den Erneuerbaren Energien gerade mal 3,8 von den 100 möglichen Punkten. Und das, obwohl das Land mit der Produktion von Windkraft Weltmarktführer ist und die von der Regierung subventionierte Sonnenenergie die Dächer ganzer Dörfer ziert.

Die Autoren der Studie räumen aber ein, dass sie für diesen Index auch ein zwar ehrenvolles aber „grobes“ Ziel gewählt haben: Zur Erfüllung des Kriteriums sollen die Länder 100 Prozent der benötigten Energie aus erneuerbaren Quellen herstellen. Trotzdem kommen der Spitzenreiter des Umwelt-Rankings Neuseeland auf 35,6 Punkte und das deutsche Nachbarland Österreich sogar auf 24,6. Hier allerdings spielt vor allem der hohe Anteil der traditionellen Naturenergie Wasserkraft dieser Länder eine entscheidende Rolle.

Ziel: Verbesserung umweltpolitischer Strategien

Trotz der notwenigen Relativierungen des Index weisen die Indikatoren auch auf deutliche Schwächen in der deutschen Umweltleistung hin. Darüber hinaus signalisieren die Werte für Überfischung, regionale Ozonwerte und den Wasserverbrauch bereits eine Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die mit weniger als 35 Punkten zu den Bereichen gehören, die ohne Initiativen weiter abrutschen könnten.

Ob das Umwelt-Ranking sein ehrgeiziges Ziel erreicht, ein nützliches Instrument zur Verbesserung umweltpolitischer Strategien zu schaffen und so eine neue Ära für die globale Umweltpolitik eingeleitet zu haben, muss sich erst noch herausstellen. Möglich wäre dies dann, wenn die aufgezeigten Schwächen die Länder dazu anregen, eine entsprechend angepasste Umweltpolitik einzuleiten. Daran soll die Effizienz politischer Maßnahmen gemessen werden können, denn „gutes Regieren ist ein wichtiger Baustein für gute Umweltleistung“ resümiert Daniel Esty, Direktor des Zentrums für Umweltpolitik der Universität Yale.

(DGO – EPI, 27.01.2006 – DGO)

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