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Medizin

Joghurt-Bakterien produzieren Aids-Medikament

Erste Tests am Menschen in drei Jahren geplant

Wissenschaftler haben einen neuen Weg entdeckt, um antivirale Aids-Medikamente herzustellen: Sie lassen gentechnisch veränderte Joghurtbakterien für sich arbeiten. Die so manipulierten Mikroben produzieren ein Protein, das bei Affen die HIV-Infektion blockieren kann. Die Methode könnte den Weg zu einem Anti-Virenmittel ebnen, das die weitere Übertragung von Aids, von dem bisher 40 Millionen Menschen betroffen sind, verhindert.

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“Wir haben festgestellt, dass wir diese Mikroben dazu bringen können Wirkstoffe zu produzieren – in diesem Falle ein Virizid, das HIV unwirksam macht“, erklärt Bharat Ramratnam, Assistenzprofessor an der Brown Medical School im amerikanischen Providence. „Wir haben die Hoffnung, diese Bakterien als Basis für Mikrobizide nutzen zu können, die die sexuelle Übertragung von HIV verhindern könnten.“ Ramratnam leitete die von einem internationalen Team durchgeführten Experimente.

Protein blockiert Eingang in Wirtszelle

Auf die Idee zu diesem neuen Ansatz kam der Wissenschaftler vor wenigen Jahren durch eine faszinierende Entdeckung: Ein Protein namens Cynovirin kann sich an das HIV-Virus anlagern und damit das Eindringen des Erregers in die Wirtszellen verhindern. Sowohl Labor- als auch Tierversuche haben seither diese Eigenschaft bestätigt.

Milchsäurebakterien sind normalerweise für die Umwandlung von Milch in fermentierte Produkte wie Joghurt oder Käse verantwortlich. Sie wandeln dafür Kohlenhydrate in Milchsäure um. Gleichzeitig sind sie für ihre “Promiskuität” bekannt: Sie nehmen relativ leicht fremde DNA in ihr Genom auf und produzieren die darin kodierten Proteine. Für Ramratnam, der bereits im Zuge anderer Forschungen genetisch manipulierte Milchsäurebakterien als „Proteinfabriken” eingesetzt hatte, lag es daher nahe, auch die Cynovirin-DNA in diese Mikroben einzuschleusen.

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Mithilfe von elektrischen Stromstößen stanzten die Wissenschaftler um Ramratnam winzige Löcher in die Membranen der Milchsäurebakterien und schleusten dort hindurch kreisförmige DNA-Bruchstücke mit der genetischen Information für das Cynovirin in die Mikrobe ein. Und das Experiment glückte: Kurze Zeit später begannen die solchermaßen manipulierten Bakterien, das Anti-HIV-Protein zu produzieren.

Bakteriengel als „Aidsverhütungs“-Mittel?

Die Forscher hoffen, diese veränderten Bakterien in Zukunft als Bestandteil eines biologischen Mittels gegen Aids einsetzen zu können. Die Mikroben könnten beispielsweise ähnlich wie ein Verhütungsmittel als Schaum, Creme oder Gel vor dem Geschlechtsverkehr aufgetragen werden und so die Übertragung des HI-Virus verhindern. Noch in diesem Sommer diese Art der „Aids-Verhütung“ an Affen getestet werden. Ramratnam hofft, in drei Jahren dann auch erste Tests an Menschen durchführen zu können.

“Bevor wir Studien an Menschen beginnen können, müssen wir uns noch in Tierversuchen einige Herausforderungen stellen”, so der Forscher. „Wir müssen sicherstellen, dass die Milchsäurebakterien ausreichend Cynovirin produzieren und dass das Cynovirin wirkt. Wenn das der Fall ist, könnte wir ein grandioses Mittel an der Hand haben.“

(Brown Medical School, 25.01.2006 – NPO)

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