Die höchsten Januar-Temperaturen seit Beginn der Messungen vor 15 Jahren haben Forscher des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung auf Spitzbergen ermittelt. An zehn Tagen wurden die bisherigen Tagesrekorde um bis zu drei Grad Celsius überschritten. Im Mittel ist der Januar bisher fast zehn Grad wärmer als im Durchschnitt. Gleichzeitig ist nach Messungen des norwegischen Polarinstituts in der ersten Januarhälfte dreimal so viel Niederschlag gefallen wie sonst im gesamten Monat.
Die deutsch-französische AWIPEV-Forschungsbasis mit der vom Alfred- Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) betriebenen Koldewey-Station befindet sich an der Westküste Spitzbergens in Ny-Ålesund, der nur 1.200 Kilometer vom Nordpol entfernten nördlichsten Siedlung der Welt. Normalerweise sind dort im Januar Temperaturen um minus zwölf Grad Celsius die Regel. Seit dem 4. Januar liegen die Temperaturen aber über dem Gefrierpunkt. Der bisher wärmste Tag war der 16. Januar mit einer Höchsttemperatur von plus 6,5 Grad Celsius – zwei Grad mehr als der bisherige Januar-Höchstwert.
Bäche mit Schmelzwasser
Durch die hohen Temperaturen schmelzen große Mengen des im Winter gefallenen Schnees. Zwischen Restschnee und Permafrostboden entstehen nicht sichtbare Schmelzwasserabflüsse, die den Forschern gefährlich werden können.
„Wir können den Ort praktisch nicht mehr verlassen, um an unseren Messgeräten außerhalb zu arbeiten“, erklärt Kai Marholdt, Ingenieur an der AWIPEV-Forschungsbasis. „Auch zwischen den Gebäuden sind regelrechte Bäche mit Schmelzwasser entstanden, so etwas habe ich im Januar in diesem Ausmaß noch nicht erlebt“, berichtet Siegrid Debatin. Die Meteorologie-Technikerin an der Forschungsstelle Potsdam des AWI besucht die Koldewey-Station seit über zehn Jahren regelmäßig für Messungen im Winter.
In Zukunft auch wieder kalte Winter?
„Schon seit vielen Jahren sagen die Klimamodelle eine Erwärmung besonders in der Arktis voraus. Ein Aufwärtstrend der Temperaturen ist dort tatsächlich seit mehr als zwanzig Jahren zu beobachten. Es wird aber in Zukunft im Rahmen der normalen Wetterschwankungen auch wieder zu kalten Wintern kommen. Bei Warmwetterlagen wie in diesem Januar werden wir allerdings immer wieder mit neuen Höchsttemperaturen rechnen müssen“, erklärt Professor Peter Lemke vom AWI in Bremerhaven.
Die AWIPEV-Basis ist die gemeinsame Logistik- und Forschungsplattform des deutschen AWI und des französischen Polarforschungsinstituts Paul Emile Victor (IPEV). Seit 1991 werden dort wissenschaftliche Projekte aus den Bereichen Atmosphärenforschung, Meeresbiologie und Glaziologie betrieben.
(idw – Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, 20.01.2006 – DLO)