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Genetik

Doppeltes Schnittsignal – andere Proteine

Neue Varianten im Schnittmuster der Gene entdeckt

Aus einem Gen können viele Lebewesen mehr als eine Sorte von Proteinen herstellen. „Alternatives Spleißen“ heißt der molekulare Vorgang, der auch bei mehr als der Hälfte der menschlichen Gene abläuft. Jetzt wurde von Wissenschaftlern des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) eine neue Form des alternativen Spleißens entdeckt: das Spleißen an den so genannten NAGNAG-Stellen.

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Fehlerhafte oder veränderte Spleißmuster sind die Ursache für zahlreiche menschliche Krankheiten. Aus diesem Grund haben jetzt Forscher aus dem NGFN und dem Jenaer Centrum für Bioinformatik das menschliche Erbgut systematisch nach Variationen an diesen NAGNAG- Spleißstellen in der menschlichen Population durchsucht. Ergebnis: Bei manchen Menschen kann an bestimmten Positionen im Erbgut alternativ gespleißt werden, bei anderen aber nicht. Fast ein Drittel der veränderten Spleißstellen, die die Forscher identifiziert haben, befinden sich in bereits bekannten Krankheitsgenen.

„Es ist nun wichtig, diese Stellen im Genom detaillierter zu untersuchen, um den möglichen Zusammenhang zwischen diesen Varianten der Spleißvorgänge und der Entstehung einer Krankheit zu verstehen. Vielleicht ergeben sich so neue Ansatzpunkte für eine effektive Prophylaxe oder Therapie“, erklärt Dr. Matthias Platzer, Leiter der durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Studie.

Schnittsignal im Tandem

Unsere Gene sind wie ein Mosaik aufgebaut: Zwischen Bereichen mit wichtiger Information für die Herstellung eines Proteins liegen immer wieder Abschnitte ohne Bauinformation, deren Funktion noch weitgehend unbekannt ist. Zur Proteinherstellung wird zunächst eine durchgängige Kopie des gesamten Gens erstellt. Aus dieser Kopie werden dann alle Bereiche ohne Information herausgeschnitten.

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Dieser Mechanismus wird in der Fachsprache als Spleißen bezeichnet. Damit an den richtigen Stellen geschnitten wird, gibt es am Übergang zwischen den Bereichen mit und den Bereichen ohne Bauinformation eine Art Erkennungskode aus drei Nukleotiden, kurz „NAG“ genannt. Die Wissenschaftler um Matthias Platzer aus Jena und Kiel hatten in vorangegangenen Studien bereits gezeigt, dass bei vielen Genen diese kurze Erkennungssequenz zweimal direkt hintereinander vorkommt, sozusagen im Tandem als „NAGNAG“.

“Doppel-NAG“ sorgt für alternative Genvarianten

Jeder der beiden NAG-Codes kann alternativ genutzt werden. Deshalb können aus dem Gen zwei verschiedene Proteine entstehen, die sich nur geringfügig voneinander unterscheiden: Je nachdem, welche Spleißstelle verwendet wird, ist das resultierende Protein um einen Baustein länger beziehungsweise kürzer oder es wird ein Protein-Baustein gegen zwei andere ausgetauscht. In ihrer aktuellen Studie identifizierten die Forscher insgesamt 64 genetische Veränderungen, die für Spleißen an NAGNAG-Stellen relevant sind. Diese Variationen bestimmen, welche Proteinsorten von dem betroffenen Gen hergestellt werden. 18 der Spleißstellen befinden sich in Genen, die bei der Entstehung von Asthma, Brustkrebs, Leukämie und anderen Krankheiten beteiligt sind.

Die jetzt von den NGFN-Forschern gefundenen Variationen der NAGNAG- Stellen führen entweder zu einer erhöhten oder zu einer verringerten Variabilität der jeweiligen Proteine und könnten so die Entstehung oder den Verlauf von zahlreichen Krankheiten beeinflussen. „Wir hoffen nun, dass unsere Ergebnisse Anstoß für weitere Studien im Rahmen des NGFN sind, die klären, ob es eine Verbindung zwischen der veränderten Spleißstelle und dem Auftreten einer bestimmten Erkrankung gibt“, so Platzer.

(NGFN, DLR, 09.01.2006 – NPO)

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