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Geowissen

Sensibleres „Ohr“ für Erdbeben-Horchposten

Thüringen: Europaweit einzigartiges Messgerät registriert selbst Beben in Pakistan exakt

Erdbeben sind selbst in Thüringen keine Seltenheit. Allerdings fallen sie – glücklicherweise – meist so leicht aus, dass sie vom Menschen nicht bemerkt werden. Jede noch so kleine Erschütterung wird aber von den empfindlichen Geräten im Geodynamischen Observatorium in Moxa registriert. Jetzt ist dieser Horchposten ins Erdinnere um ein weiteres hochsensibles Messgerät reicher, mit dem selbst Beben im fernen Pakistan exakt registriert werden können.

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Installiert wurde hier ein so genanntes Strainmeter, das in einem Bohrloch im Stollen des Observatoriums mit Spezialzement einbetoniert wurde. „Es ist das einzige System dieser Art in Europa“, freut sich der Leiter der Forschungsstation Professor Gerhard Jentzsch über das Gerät, das die drei bereits vorhandenen Systeme in Moxa ergänzt.

Dank des neuen Strainmeters, dessen Installation die Jenaer Universität finanziert hat, können Deformationen in Form von Längenänderungen bis hin zu einem Zehntausendstel Mikrometer gemessen werden. „Mit dieser Auflösung sind wir in der Lage, die durch Erdbebenwellen ausgelösten horizontalen Verschiebungen zu messen, auch wenn diese Beben sehr weit entfernt sind“, erläutert der Jentzsch.

Spezialanfertigung aus Japan

Um diese Genauigkeit zu erreichen, musste das rund eine Viertel Million Euro teure Messgerät maßgeschneidert werden. Die Spezialanfertigung entwickelte Professor Hiroshi Ishii in Japan. Der Erdbebenforscher ließ ein recht handliches, nur rund 1,5 m großes Gerät fertigen. Es hat in der Horizontalen drei Sensoren, die über den Durchmesser von lediglich 104 mm mindestens die gleiche Auflösung erzielen, wie die 300-mal größeren bisherigen Messgeräte in Moxa. Zusätzlich ist am neuen Strainmeter noch eine vertikale Komponente eingebaut, die eine räumliche Vermessung des Deformationsfeldes ermöglicht.

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Da nach der Installation keine Reparatur mehr ausgeführt werden kann, war eine absolut exakte Montage des Messgeräts im Beton notwendig. Dafür reiste Ishii mit einem Team eigens nach Moxa, um die Jenaer Geowissenschaftler zu unterstützen. Am Ende war die Montage erfolgreich, wie ersten Probemessungen belegen. „Außerdem konnten wir viel über den Einsatz von Spezialbeton lernen und wurden so ganz nebenbei zu Beton-Facharbeitern'“, ergänzt Jentzsch schmunzelnd.

Erdbeben nicht vorhersagbar

Der Geophysiker von der Universität Jena hofft nun darauf, dass das neue Messgerät auch alle Erwartungen erfüllt und Moxa seine Aufgaben im weltweiten Netz der Beobachtungsstationen mit noch größerer Präzision erfüllen kann und für die Forschung neue Impulse bringt.

„Doch auch das beste Gerät kann weder den Zeitpunkt, noch den Ort oder die Stärke eines Bebens vorhersagen“, schränkt Jentzsch zu hohe Erwartungen ein. „Wir können durch die neuen Messungen und Erkenntnisse nur versuchen, Schaden zu begrenzen“.

Übrigens hat Jentzsch noch vor Weihnachten im Gegenzug ein Messgerät des Observatoriums in Japan installiert, das dort als Referenz für weitere Geräteentwicklungen dienen soll.

(idw – Universität Jena, 06.01.2006 – DLO)

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