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Klima

„Rauchende“ Regenwolken über dem Amazonas

Waldbrände verstärken Wetterturbulenzen und haben globale Auswirkungen

Waldbrand im südlichen Teil des Amazonasbeckens © M. Welling, Max-Planck-Institut für Chemie

Großflächige Brandrodungen überziehen das Amazonasbecken jedes Jahr während der Trockenzeit, insbesondere in den Monaten September und Oktober, mit dichtem Rauch. Erste Ergebnisse einer internationalen Studie zeigen nun, dass die Auswirkungen des Rauchs dieser Brände auf Wetter und Klima wesentlich größer sind als bisher bekannt. Der Rauch beeinflusst Wolkenbildung und Niederschläge und führt zu Gewitterstürmen und Hagel. Die veränderten Wolkeneigenschaften führen auch zu einer Erwärmung von höheren Schichten der Atmosphäre, was globale Auswirkungen auf das Klima haben könnte.

Aerosole als Klimafaktoren

Kleine Partikel in der Luft, so genannte Aerosole, sind von großer Bedeutung für die Wolkenbildung. Durch Kondensation von Wasserdampf an diesen Partikeln bilden sich Wolkentröpfchen, und ohne Aerosole in der Atmosphäre können sich keine Wolken bilden. Aerosolpartikel werden sowohl durch natürliche als auch durch von Menschen beeinflusste Prozesse gebildet. Seit der industriellen Revolution hat die Zahl der von Menschen erzeugten Partikel in der Atmosphäre drastisch zugenommen.

Daher steht der Einfluss der Aerosole auf die Atmosphäre und das Klima seit Jahrzehnten im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses. Eine direkte Auswirkung ist, dass diese Partikel das Sonnenlicht reflektieren und damit die Aufheizung der Erdoberfläche durch die Sonne verringern. Dies bedeutet eine Abkühlung der Atmosphäre. Eine weitere Auswirkung ist, dass die Partikel die Eigenschaften der Wolken und des Niederschlags verändern können. Dies führt schließlich auch zu einem Abkühleffekt. Insgesamt könnten diese Abkühleffekte im Laufe des letzten Jahrhunderts einen beträchtlichen Anteil der Erwärmung durch Treibhausgase kompensiert haben.

Brandrodungen als Aerosolschleudern

Die Anzahl der Partikel in der Atmosphäre ist unter natürlichen Bedingungen ziemlich klein. Daher ist auch die Konzentration der Wolkentröpfchen gering, wenn sich Wolken in sauberer Luft bilden. In verschmutzter Luft dagegen ist die Anzahl von Aerosolpartikeln und damit auch die der Wolkentröpfchen viel größer. Wolken mit einer höheren Anzahl von Tröpfchen reflektieren stärker das Sonnenlicht und haben daher – genau wie bei der direkten Aerosolwirkung – einen Abkühleffekt auf die Erde.

HPV-Impfung bei einer jungen Frau © CDC

Da die Menge kondensierbaren Wasserdampfes aber gleich bleibt, muss mit steigender Anzahl der Tröpfchen ihre Größe sinken. Nun stoßen kleinere Tröpfchen nicht so leicht zusammen, was aber eine Voraussetzung für die Bildung von Niederschlag ist. Tausende von Wolkentröpfchen müssen verschmelzen um einen Tropfen zu bilden, der groß und schwer genug ist, um als Regentropfen zur Erde zu fallen. Dieser Aspekt bildet den Schwerpunkt des wissenschaftlichen Projekts SMOCC (Smoke, Clouds, and Climate), einem internationalen Forschungsprojekt unter Leitung von Prof. Meinrat O. Andreae vom Max-Planck-Institut für Chemie. „Wir möchten besser verstehen, in welcher Weise sich die riesige Menge von Rauchpartikeln, erzeugt durch Brandrodungen im Amazonasgebiet, auf Wolken, Wetter und Klima auswirkt“, meint Prof. Andreae.

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Kleinere Tröpfchen durch Rauch

Die Max-Planck-Forscher fanden heraus, dass der anthropogen erzeugte Rauch tatsächlich die Tröpfchengröße in den Wolken dramatisch herabsetzt. Dadurch wurde die Niederschlagsbildung unterdrückt; wenn sie doch erfolgte, verschob sich die Entstehung des Niederschlags von etwa 1.500 Meter oberhalb der Wolkenbasis in unverschmutzten Wolken auf mehr als 7.000 Meter in Pyro-Wolken. Auch so genannte „Rauchwolken“, die aus dem verschmutzten Rauchdunst herauswuchsen, zeigten eine beträchtliche Unterdrückung und Verzögerung der Niederschlagsbildung.

Die verzögerte Niederschlagsbildung führt zu einem Wärmetransport in höhere Schichten der Atmosphäre. Wärme wird freigesetzt, wenn Wasserdampf an den Aerosolpartikeln kondensiert und wenn das flüssige Wasser zu Eis gefriert. Bei den größeren Höhen ist es kalt genug, um das Wasser auszufrieren. Dabei freigesetzte Wärme verstärkt den Aufwind und führt zu stärkeren Turbulenzen. Dies kann Gewitterstürme, Blitze, schwere Schauer und Hagel hervorrufen. Bis zu zwei Zentimeter große Hagelkörner wurden bei dieser Art von Wolken am Boden beobachtet.

Ein weiterer Effekt der unterdrückten und verzögerten Niederschlagsbildung ist, dass die in großer Höhe freigesetzte Wärme zu beträchtlichen Änderungen in der regionalen und globalen Luftzirkulation führen kann. Aerosolpartikel, Wasserdampf und gasförmige Verschmutzungen können durch diese Wolken bis in große Höhen der Atmosphäre transportiert werden und sich damit über riesige Gebiete, möglicherweise sogar über den ganzen Globus verteilen. Daher könnten diese Effekte globale Auswirkungen haben, was Gegenstand künftiger Untersuchungen sein wird.

(MPG, 01.03.2004 – NPO)

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