Ist es möglich, für jeden Straßenabschnitt in Deutschland genau vorherzusagen, wie viele Menschen dort vorbeikommen? Selbst dann, wenn dort keine Verkehrszählungen stattgefunden haben? Ja, mit Methoden des so genannten Spatial Data Mining, wie es Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Autonome Intelligente Systeme AIS betreiben.
Vor allem für Marketingstrategen, Verkehrs- und Logistikexperten, Standortplaner und Plakatwerber eröffnen sich ganz neue Perspektiven: Sie können nun den besten Standort etwa von Geldautomaten Geschäftsfilialen oder Werbeträgern ermitteln.
Beim Spatial Data Mining handelt es sich um einen Satz rechnerischer Methoden, mit deren Hilfe sich Datenbestände wie etwa Kundendatenbanken großer Unternehmen systematisch und raumbezogen durchforsten lassen.
Eine von vielen denkbaren Anwendungen des ortsbezogenen Data Mining ist der Frequenzatlas, den die Forscher vom AIS im Auftrag des Fachverbands für Außenwerbung FAW erstellt haben. Er prognostiziert für wichtige Straßenabschnitte in Deutschland, wie viele Menschen dort zu jeder Tageszeit entlanggehen oder -fahren.
Daten in raumbezogenes Modell überführt
Diese Datenbank wurde erstellt, um die Kosten für Plakatstandorte gerecht festzulegen. Schließlich gilt in der Werbung der Grundsatz: Je mehr Menschen vorbeikommen, desto prominenter der Ort, desto höher der Preis. Jeder Werbende will, dass seine Plakate von Mitgliedern der Zielgruppe möglichst häufig gesehen werden. Zurzeit erfasst der Frequenzatlas alle 82 Großstädte in Deutschland mit über 100.000 Einwohnern. Im nächsten Schritt sollen alle Städte aufgenommen werden, in denen mehr als 50.000 Personen wohnen.
Die Analysen basieren auf Daten, die aus verschiedenen Quellen stammen. So liefert die Gesellschaft für Konsumforschung GfK empirisch erhobene Daten aus Verkehrszählungen. Dazu gesellen sich soziodemographische Informationen verschiedener Anbieter von Geodaten.
Darin enthalten sind Points of Interest, also etwa Bahnhöfe, Tankstellen oder Restaurants. Ein routingfähiges Straßennetz gibt an, in welcher Richtung die Straßen befahren werden. „All diese Datenbestände konnten wir in ein raumbezogenes Modell überführen, dessen Genauigkeit sehr hoch ist“, betont Michael May, Leiter der AIS- Abteilung Knowledge Discovery. „Unsere Verbindung von räumlich bezogenem Data Mining und Geoinformationssystemen ist weltweit bisher einzigartig.“
(idw – Fraunhofer-Gesellschaft, 30.12.2005 – DLO)