Anzeige
Klima

Tropische Gewitter nehmen Spurengase „huckepack“

Flugmesskampagne in Darwin erfolgreich abgeschlossen

Geophysica © DLR

Tropische Gewitter transportieren Wasser, Stickoxide und andere Spurengase bis in die obersten Schichten der Atmosphäre. Dies belegen erste Ergebnisse der Messkampagnen mithilfe von Höhenforschungsflugzeugen in Australien.

Dort untersuchen Wissenschaftler im Rahmen des Projekts SCOUT-O3, wie sich die stratosphärische Ozonschicht in den kommenden Jahrzehnten unter den Bedingungen des globalen Wandels ändern wird. Damit können die Forscher Erkenntnisse liefern, die eine globale Einschätzung zum Ozonabbau und Klimawandel ermöglichen und beispielsweise in das Kyoto-Protokoll einfließen. Aktuell wird das Kyoto-Protokoll gerade auf der Weltklimakonferenz im kanadischen Montreal diskutiert.

Gewittertürme im Visier der Forscher

Zum letzten Mal starteten gestern Morgen in Darwin (Australien) das russische Höhenforschungsflugzeug Geophysica und die Falcon des DLR in tropische Gewitter. Insgesamt neun Mal waren die Forschungsflugzeuge in den letzten vier Wochen zu gemeinsamen Messflügen in die tropische Atmosphäre unterwegs an die Grenze zwischen Troposphäre und Stratosphäre. Im Rahmen des SCOUT-O3-Projekts sammelten sie Daten, die in die Diskussion zum Klimawandel einfließen werden, etwa bei Weltklimakonferenzen.

Im Fokus der Messkampagne in Australien standen Gewittertürme, die sich am „top end“ Australiens in dieser Jahreszeit nahezu täglich bis in 20 Kilometer Höhe ausbilden. Den Tropen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da hier der Austausch von Luftmassen von der unteren (Troposphäre) in die obere Atmosphäre (Stratosphäre) erfolgt. Sie sind damit die Quellregion für viele Spurenstoffe wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe, Stickoxide und Wasser, welche die Ozonchemie in der Stratosphäre global beeinflussen. Die gewaltigen Gewittertürme vor den Toren Darwins transportieren diese Luftmassen innerhalb von kurzer Zeit direkt bis in die Stratosphäre.

Fünf Mal flogen die Piloten daher die Forschungsflugzeuge über oder in der Nähe solcher Gewittertürme, um den Transport troposphärischer Luftmassen bis in die Stratosphäre zu verfolgen. Am 30. November wurden die Geophysica und die Falcon sogar gleich zwei Mal in die Atmosphäre geschickt und dabei zusätzlich von zwei weiteren Forschungsflugzeugen des britischen Projektes ACTIVE unterstützt.

Anzeige

„Es ist schon eine Meisterleistung, vier Forschungsflugzeuge, vollgepackt mit Messinstrumenten, in unterschiedlichen Höhen und in verschiedenen Entwicklungsstadien eines solchen Gewitterturms zeitgenau operieren zu lassen“, erläutert Cornelius Schiller, Leiter der SCOUT-O3-Flugzeugkampagne und Physiker am Forschungszentrum Jülich, das zusammen mit Kollegen der ETH Zürich, der Universität Lancaster, der Universität Cambridge und des DLR die Flugzeugmesskampagne koordiniert hat.

„Dies erfordert eine eingespielte Zusammenarbeit zwischen den Meteorologen, die uns die Wettervorhersage liefern, den Forscherteams, die ihre Instrumente betreiben, bis hin zu den Piloten, die letztlich die Messsituation vor Ort einschätzen und die Flugzeuge zielgenau in das Objekt der wissenschaftlichen Begierde steuern müssen“, schildert Schiller die Schwierigkeiten. Oft sind zudem Improvisationsvermögen und spontane Entscheidungen gefragt, um beispielsweise auf sich ändernde Wetterbedingungen zu reagieren. Während weiterer Flüge untersuchten die Wissenschaftler die großräumige Verteilungen von Spurengasen und Zirruswolken.

Präzise Auswertung der Daten dauert Monate

„Ein erster Blick auf die Daten zeigt, dass die Gewitter tatsächlich Wasser, Stickoxide und andere Spurengase effektiv bis in die tropische Tropopausenregion transportieren“, berichtet Schiller von ersten Ergebnissen. „Sie erzeugen bis in große Höhen Zirruswolken, die während der meisten Flüge beobachtet werden konnten.“ In der unteren und mittleren Atmosphäre konnten die Jülicher Wissenschaftler extrem niedrige Wasserkonzentrationen messen. „Eine genauere Analyse der großen Datenmenge und eine genauere Bewertung der Ergebnisse wird jedoch noch einige Monate in Anspruch nehmen“, erklärt Professor Martin Riese, Direktor am Institut für Chemie und Dynamik der Geosphäre des Forschungszentrums Jülich. Auf einer internationalen SCOUT-O3-Konferenz im Forschungszentrum Jülich werden vom 20. bis 24. März erste Ergebnisse diskutiert.

Am Samstag starten die beiden Flugzeuge zu ihrem Rückflug nach Europa. Sie überqueren die Monsungebiete Indonesiens und Thailands, fliegen in die Subtropen über Indien und Arabien und schließlich zurück in die mittleren Breiten Europas. Bei diesen globalen Messflügen spielen moderne Fernerkundungsmethoden eine besondere Rolle. „Das in Jülich und an der Universität Wuppertal neu entwickelte Infrarot-Teleskop CRISTA-NF wird auch beim Rückflug die Höhenverteilung einer Vielzahl atmosphärischer Spurengase mit hoher räumlicher Auflösung messen“, erläutert Dr. Fred Stroh vom Forschungszentrum Jülich. Am 16. Dezember werden die Geophysica und die Falcon in Oberpfaffenhofen bei München zurück erwartet.

(idw – Forschungszentrum Jülich, 07.12.2005 – DLO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

Dossiers zum Thema

Wetterextreme - Klimatische "Ausrutscher" oder Folgen des Klimawandels?

Klimawandel - Bringt der Mensch das irdische Klima aus dem Gleichgewicht?

News des Tages

Bücher zum Thema

Gewitter - Faszination eines Phänomens von Alex Hermant

Die Atmosphäre der Erde - Eine Einführung in die Meterologie von Helmut Kraus

Wetterwende - Vision: Globaler Klimaschutz von Hartmut Graßl

Atmosphäre im Wandel - Die empfindliche Lufthülle unseres Planeten von Thomas E. Graedel, Paul J. Crutzen

Wetter & Klima - Das Spiel der Elemente - Atmosphärische Prozesse verstehen und deuten von Dieter Walch und Harald Frater

Top-Clicks der Woche