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GeoUnion

Wie Asphalt an den Meeresboden gelangt

Wissenschaftler stellen neue Theorie vor

Asphalt-Vulkane © Forschungszentrum Ozeanränder

Eine große Überraschung in 3.000 Meter Tiefe im Golf von Mexiko: aus Vulkanen, die Wissenschaftler letztes Jahr dort entdeckten floss keine Lava, noch nicht einmal Schlamm – was zumindest die Wissenschaftler nicht erstaunt hätte – sondern Asphalt. Genau das Material, das sonst auf der Straße liegt. Die Forscher um den amerikanischen Geologen I.R. MacDonald und Gerd Bohrmann vom DFG-Forschungszentrum Ozeanränder in Bremen staunten nicht schlecht, als sie auf diesem lebensfeindlichen Meeresbodenbelag auch noch ein ungewöhnliches Ökosystem fanden, von dem sie noch nicht genau wissen, woher es seine Energie bezieht.

Neu ist die Theorie, die die Entdecker der ungewöhnlichen Vulkane jetzt vorgeschlagen haben, wie die Asphalt-Vulkane entstanden sind. Denn bisher war unklar, wie Asphalt durch mehrere Kilometer Meeresablagerungen aufsteigen kann und dabei flüssig genug bleibt, um am Meeresboden noch wirklich fließen zu können.

Superkritisches Wasser ist die Antwort. Normalerweise kocht Wasser bei 100 Grad Celsius, lässt sich nicht zusammendrücken und leitet Strom, da seine Moleküle kleine Dipole sind. Doch wenn Wasser unter extrem hohem Druck stark erhitzt wird, dann verändern sich seine Eigenschaften: Aufgrund des Druckes kann es nicht kochen, aber auch nicht verdampfen. Daher verändert sich die Molekülstruktur so, dass sich das Wasser nicht mehr so verhält, wie wir es kennen. Es gerät in einen Zustand, der zwischen flüssig und gasförmig liegt. Solches Wasser wird als superkritisches Wasser bezeichnet.

Ökosystem Asphalt-Vulkane © Forschungszentrum Ozeanränder

Es entsteht an Stellen, wo Seewasser durch Risse und Spalten so nahe an heißes Magma aus dem Erdinneren gelangen kann, dass es sich auf über 405 Grad Celsius aufheizt. Der Druck muss dabei bei etwa 300 Bar liegen, Im Meer entspricht dies einer Wassertiefe von 2.800 Metern. (Für Süßwasser sind die Werte etwas niedriger.)

Da superkritisches Wasser wesentlich leichter ist als normales Wasser – es wiegt pro Liter nur etwa 300 Gramm – drängt es nach oben. Und auf dem Weg dorthin nimmt es den Asphalt, der sich unter den Ablagerungen angesammelt hat mit. Es löst nämlich alles organische Material – wie Asphalt, lässt aber anorganisches Material – wie zum Beispiel Salz – unangetastet.

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Leben unter widrigen Bedingungen © Forschungszentrum Ozeanränder

Die beiden im letzten Jahr entdeckten Vulkanschlote führen jeweils durch einen Salzstock, der aufgrund seiner geringeren Dichte nach oben gedrängt wurde und dort über den Meeresboden hinausragt. Das Salz isoliert das aufsteigende Wasser-Asphalt-Gemisch soweit, vermuten die Wissenschaftler, dass das superkritische Wasser auch an der Oberfläche des Meeresbodens noch heiß genug ist um den Asphalt am Fließen zu halten. Dort laufen dann ähnliche Prozesse ab, wie bei einem Vulkanausbruch an Land. Der äußere Teil des ausfließenden Asphalts kühlt ab und bildet eine zähe, isolierende Masse um den noch glutflüssigen inneren Teil.

Diese These erklärt elegant, warum sich die Strukturen von Lava und Asphaltvulkanen so verblüffend ähnlich sehen. Doch zunächst ist all dies nur eine Theorie. An vielen hydrothermalen Quellen ist superkritisches Wasser bereits nachgewiesen worden. Es sorgt dort unter anderem dafür, dass sich Metalle an den Austrittsstellen stark anreichern. Allerdings tritt superkritisches Wasser nur unterhalb von 2.800 Meter Wassertiefe auf. Oberhalb dieses Punktes ist der Wasserdruck zu niedrig.

Die Wissenschaftler wollen dem Geheimnis der Asphalt-Vulkane jedenfalls weiter auf den Grund gehen. Die nächste Ausfahrt mit dem Tauchroboter QUEST des DFG-Forschungszentrum Ozeanränder ist schon für 2006 geplant. Gerd Bohrmann, einer der ursprünglichen Entdecker der ungewöhnlichen Strukturen freut sich schon: „Schließlich entdeckt man nicht jeden Tag etwas gänzlich Anderes auf dieser Welt.“

(GeoUnion/Forschungszentrum Ozeanränder, 07.12.2005 – Kirsten Achenbach)

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