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Astronomie

Größtes Experiment jagt kleinste Teilchen

3.000 Quadratkilometer großes Observatorium sucht nach Ursprung von kosmischen Teilchen

Wassertanks des Observatoriums vor dem Einbau © Auger Observatorium

In einer unscheinbaren Kleinstadt Argentiniens entsteht das größte wissenschaftliche Experiment, das je gebaut wurde. Es geht um die Frage nach dem Ursprung der höchstenergetischen kosmischen Strahlung – bisher eines der ungelösten Rätsel der Astronomie.

In Malargüe, einer unscheinbaren Kleinstadt im dünn besiedelten Westen Argentiniens, entsteht derzeit das größte wissenschaftliche Observatorium der Welt. Es soll helfen, ein seit fast 100 Jahren andauerndes wissenschaftliches Rätsel von fundamentaler Bedeutung zu lösen, nämlich die Frage nach dem Ursprung der höchstenergetischen kosmischen Strahlung. Die Ausmaße des Experiments sind gigantisch: Es wird nach Fertigstellung 2007 eine Ausdehnung von 3.000 Quadratkilometern erreichen und damit größer sein als das Saarland.

370 Wissenschaftler und Ingenieure aus 16 Ländern sind an dem 40 Millionen Euro-Projekt beteiligt, aus Deutschland Forscher der Universitäten Aachen, Karlsruhe, Siegen und Wuppertal, dem Forschungszentrum Karlsruhe und dem Max Planck Institut für Radioastronomie in Bonn.

Ursprung rätselhafter Weltraumteilchen gesucht

Die Energien der rätselhaften höchstenergetische Teilchen erreichen Werte, die 100 Millionen mal höher sind, als diejenigen, die ab 2007 am dann größten irdischen Beschleuniger der Welt, dem Large Hadron Collider am europäischen Forschungszentrum CERN in Genf, erreicht werden. Es gibt bisher keinen wissenschaftlichen Konsens über den Ursprung dieser Teilchen.

Benannt ist das Experiment nach dem französischen Physiker Pierre Auger (1899-1993), der 1939 das Phänomen der so genannten ausgedehnten Luftschauer entdeckt hat. Dieses Phänomen benutzen die etwa 370 Wissenschaftler und Ingenieure aus 16 Ländern, um die kosmischen Teilchen nachzuweisen.

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„Da nur einmal pro Quadratkilometer und Jahrhundert ein derart extremes Teilchen erwartet wird, muss dass Observatorium eine enorme Ausdehnung aufweisen. Bei einer Fläche von 3.000 Quadratkilometern können wir mit etwa einem Teilchen pro Woche im Experiment rechnen.“, erläutert der Wuppertaler Experimentalphysiker Professor Dr. Karl-Heinz Kampert.

Wassertanks als Teilchenfalle

Die fast menschleere Provinz Mendoza in Argentinien ist der ideale Standort hierfür. Sie bietet über 3.000 Quadratkilometer Platz und erlaubt ausgedehnte astronomische Beobachtungen. Insgesamt werden 1.600 Wassertanks mit jeweils 12.000 Litern hochreinem Wasser auf dem Gelände am Rande der Anden verteilt. Die kosmischen Teilchen erzeugen schwache Leuchtspuren in den lichtdicht abgeschlossenen Wassertanks, die mit hochempfindlichen Lichtsensoren nachgewiesen werden.

Gleichzeitig wird die Atmosphäre oberhalb des Geländes in klaren mondlosen Nächten von 24 hochempfindlichen, jeweils 12 Quadratmeter großen Spiegelteleskopen beobachtet, um die Leuchtspuren der Luftschauer in der Atmosphäre nachzuweisen. „Diese Teilchen sind Boten des extremen Universums“, sagt Nobelpreisträger Professor James Cronin von der Universität Chicago. „Sie sind eine großartige Gelegenheit, Entdeckungen von fundamentaler Bedeutung zu machen.“

Nach Beendigung der Aufbauarbeiten in Argentinien soll auf der Nordhalbkugel ein gleiches Observatorium entstehen, um die Himmelsabdeckung auf diese Weise zu komplettieren. Als Standort ist Colorado in den USA vorgesehen. Bisher fehlen jedoch noch die Mittel zur Finanzierung des Nord-Observatoriums.

(Universität Wuppertal, 14.11.2005 – NPO)

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