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Klima

Löste Sonne Klimakapriolen der letzten Eiszeit aus?

Erklärung für Dansgaard-Oeschger-Ereignisse gefunden

Während der letzten Eiszeit, die vor 120.000 Jahren begann, gab es mindestens zwanzig drastische Klimawechsel. Wissenschaftler mehrerer deutscher Forschungsinstitute haben jetzt eine mögliche Erklärung für den rätselhaften Zyklus abrupter Klimaveränderungen in der Vergangenheit gefunden. Die Forscher aus Heidelberg, Potsdam und Bremerhaven konnten durch Computersimulationen zeigen, dass kleine Sonnenschwankungen als Auslöser der Klimakapriolen während der letzten Eiszeit in Frage kommen.

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Die nach ihren Entdeckern benannten Dansgaard-Oeschger-Ereignisse der letzten Eiszeit begannen mit einem plötzlichen Anstieg der regionalen Temperatur im Nordatlantikraum um bis zu zwölf Grad Celsius innerhalb eines Jahrzehnts. Zeugen dieser wiederholten Klimakapriolen der Eiszeit sind vor allem grönländische Eisbohrkerne sowie Tiefseeablagerungen des Atlantiks. Aber auch in Tropfsteinen und anderen „Klimaarchiven“ wurden diese gewaltigen Schwankungen dokumentiert. Nach dem Übergang in die gegenwärtige Warmzeit vor rund 10.000 Jahren traten jedoch keine solchen abrupten Klimasprünge mehr auf.

„Seit der Entdeckung der Dansgaard-Oeschger-Ereignisse in den 1980er Jahren war es eine der großen Herausforderungen für Klimatologen, eine schlüssige Erklärung für diese abrupten Temperaturschwankungen während der Eiszeit zu finden“, so Holger Braun von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, einer der Autoren der Studie.

Regelmäßigkeit der Erwärmungen bisher ungeklärt

Einen physikalischen Mechanismus hatten seine Potsdamer Kollegen bereits vor einigen Jahren vorgestellt: demnach kann eine Instabilität der eiszeitlichen Ozeanzirkulation die abrupten Klimawechsel erklären. Rätselhaft blieb jedoch die Regelmäßigkeit der Erwärmungen. Diese traten, mit einigen Lücken, meist alle 1.470 Jahre auf.

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Einige Wissenschaftler vermuteten bereits, dass Schwankungen der Sonne den 1.470-Jahreszyklus ausgelöst haben könnten. Hinweise auf kleine periodische Variationen der Sonne gab es durch Beobachtung von Sonnenflecken bereits seit über 150 Jahren. Die Daten zeigen insbesondere Sonnenzyklen mit Perioden von etwa 87 Jahren und 210 Jahren. Ein Zyklus von 1.470 Jahren wurde bislang jedoch nicht gefunden.

Die Wissenschaftler veröffentlichten jetzt Ergebnisse einer Studie, die gemeinsam von der Forschungsstelle Radiometrie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, dem Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg, dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und dem Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (Bremerhaven) durchgeführt wurde.

Zwei Sonnenzyklen als Auslöser für Dansgaard-Oeschger-Ereignisse

Gemäß diesen Untersuchungen könnten jene zwei Sonnenzyklen der Auslöser für die rätselhafte Periode der Dansgaard-Oeschger-Ereignisse sein: Da sie im Bereich von Teilern von 1.470 Jahren liegen (1.470/7=210; 1470/17=86.5), können sich der 210-Jahreszyklus und der 87-Jahreszyklus der Sonne zu einer Periode von 1.470 Jahren überlagern und somit den eiszeitlichen Klimazyklus erklären.

„Die Bedeutung dieser Untersuchung liegt darin, dass sie uns zeigt, wie komplex die Reaktionen des Systems Erde sind“, so Professor Kurt Roth vom Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg. „Während bestimmter Zeiten, hier der Eiszeit, reagiert es extrem empfindlich auf Einflüsse von außen. Die Zeitskala der Reaktion entspricht dabei nicht immer der Zeitskala des Auslösers. Dies ist eine wesentliche Erkenntnis, die auch Eingang in das aktuelle Verständnis unseres Klimasystems finden wird.“

Das zur Überprüfung dieser Hypothese verwendete Modell vermag auch das Verschwinden des 1.470-Jahres-Klimazyklus mit dem Ende der letzten Eiszeit schlüssig zu erklären: In dem Modell der Potsdamer Forscher können Dansgaard-Oeschger-Ereignisse nur in der Eiszeit auftreten.

„Nach deren Ende wurden die Meeresströmungen im Atlantik stabiler, so daß die schwachen Sonnenschwankungen sie nicht mehr aus der Ruhe bringen konnten“, erklärt Stefan Rahmstorf vom PIK, einer der acht Wissenschaftler, die in der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Nature“ über ihre Ergebnisse berichten. Ein ausgeprägter Zyklus von 1.470 Jahren trat daher während der letzten 10.000 Jahre nicht mehr auf.

(idw – Heidelberger Akademie der Wissenschaften, 10.11.2005 – DLO)

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