Längst nicht alle Krebskranken in Europa bekommen sofort die neuesten und wirksamsten Medikamente, die auf dem Markt sind: Dies geht aus einer neuen Studie des schwedischen Karolinska Institutet in Zusammenarbeit mit der Stockholm School of Economics (Stockholmer Wirtschaftsschule) hervor. Danach hängt es stark vom jeweiligen Heimatland ab, wie schnell die Patienten die dringend notwendigen Behandlungen erhalten. Die Wissenschaftler forderten die Entscheidungsträger auf, diese Ungleichheiten schleunigst zu beseitigen.
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In dem Bericht wurden neunzehn Länder, die fast 75 Prozent der europäischen Bevölkerung ausmachen, untersucht. Österreich, Spanien und die Schweiz sind hinsichtlich der frühen Annahme und Verfügbarkeit neuer Krebsmedikamente führend, während andere Länder wie das Vereinigte Königreich, die Republik Tschechien, Ungarn, Norwegen und Polen hinterherhinken.
In seiner Rede vor dem Europäischen Parlament in Brüssel erklärte Dr. Nils Wilking vom Karolinska Institutet: „Patienten müssen zu lange warten, um in den Genuss neuerer Therapien zu kommen, und die größte Hürde für den Einsatz neuer Medikamente besteht in der proaktiven Zuweisung finanzieller Mittel und Budgets im Gesundheitswesen seitens der Politik und der Entscheidungsträger.“
Nur zehn Prozent der Krebskosten für Medikamente
Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass die Gesamtkosten im Gesundheitswesen für Krebs in den untersuchten Ländern pro Bürger schätzungsweise 120 Euro betragen – also nur fünf Prozent der Gesamtausgaben im Gesundheitswesen. Die Kosten für die stationäre Behandlung beherrschen in Europa die direkten Kosten für Krebs; sie machen 60 bis 94 Prozent aller Kosten aus, und weniger als zehn Prozent werden für Medikamente aufgewendet. Der Anteil der Gesundheitswesenkosten für Krebs ist viel geringer als die Bürde durch die Krankheit.
Dr. Bengt Jönsson von der Stockholm School of Economics erklärte: „Ein sehr guter Ansatz für Krebspatienten in Europa wäre eine breitere Sichtweise von Nutzen und Kosten dieser Medikamente für die Patienten und die Gesellschaft sowie die Einführung eines rationaleren Systems der Mittelzuweisung im Gesundheitswesen. Es muss betont werden, dass die neuen Behandlungsformen in der Regel auf spezifisch identifizierbare Populationen abzielen. Es gibt Beispiele für vorzügliche Praktiken in einigen Ländern, die versuchen, den Zugang der Patienten zu innovativen Therapien zu beschleunigen. Diese Beispiele sollten daraufhin untersucht werden, wie sie in mehr europäischen Ländern praktiziert werden können.“
Höhere Kosten, bessere Überlebenschancen
Die Forscher weisen zudem daraufhin, dass neue Therapien in der Regel zwar höhere Gesundheitsausgaben bedeuten, jedoch auch ihr Wert für die Überlebenschancen und Behandlungen der Patienten anerkannt werden muss. Aus Forschungen, die Dr. Frank Lichtenberg von der Columbia University in den USA durchgeführt hat, geht hervor, dass der Zugang zu mehr und neueren Krebsmedikamenten die Überlebensraten erhöht.
„Dieser Bericht deckt die Ungleichheiten beim Zugang zu Krebsmedikamenten in Europa auf. Wir sind der Ansicht, dass diese nicht fortbestehen dürfen“, schlossen Wilking und Jönsson. „Wir hoffen, dass dieser Bericht ein Ansporn für die Politik und die Entscheidungsträger ist, zum Wohle aller Krebspatienten in Europa unverzüglich zu handeln und gegen diese Ungleichgewichte vorzugehen.“
(Karolinska Institutet, 10.10.2005 – DLO)