Wenn Mutter Natur identische Kopien von Genen im Erbgut von Lebewesen anlegt, verschafft dies dem betroffenen Organismus in der Regel keine Vorteile. Meist handelt es sich um eine schädliche Mutation, die in den folgenden Generationen bald ausgemerzt wird. In einigen Fällen jedoch bleiben die verdoppelten Gene erhalten. Der Sinn von solchen Doppelgängergenen im Rahmen der Evolution war bislang für Forscher ein ungelöstes Rätsel. Biologen ETH Zürich haben jetzt entdeckt, dass diese Kopien eine ganze Reihe von Strategien entwickeln, um im Erbgut eines Organismus zu bleiben.
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Uwe Sauer und sein Team am Institut für molekulare Systembiologie der ETH Zürich führten mit einer Kombination von experimentellen und rechnerischen Methoden die bislang größte Untersuchung doppelter Gene durch und untersuchen die verschiedenen Funktionen der doppelten Stoffwechselgene von Hefezellen quantitativ.
Die Studie ergab ein Nebeneinander von vier in etwa gleich wichtigen Funktionen; eine eigentliche Hauptrolle der doppelten Gene kristallisierte sich nicht heraus. Doppelgene der einen Gruppe dienen als stumme Sicherheitskopien, Gene einer zweiten Gruppe sind aktiv und verstärken so die Funktion ihres Zwillingsgens. Ein weiterer Typ von Doppelgenen übt regulatorische Funktionen aus; Gene der vierten Gruppe schließlich haben sich weiterentwickelt und so neue Aufgabengebiete erschlossen.
Die Publikation, die in der Oktoberausgabe des Wissenschaftsmagazins „Genome Research“ erschienen ist, widerspricht damit Arbeiten, in denen eine bestimmte Funktion für die Beibehaltung doppelter Gene in den Vordergrund gestellt wird.
Hefe als idealer Modellorganismus
Die 672 Stoffwechselgene der Hefe bieten ein ideales Modell, um die Funktionen der Genverdoppelungen zu untersuchen, weil 295 der Gene einen Doppelgänger aufweisen. Von den insgesamt rund 6000 Hefegenen dürfte es sich bei etwa 1500 um Duplikate handeln.
(idw – Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, 07.10.2005 – DLO)