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Weltkatastrophenbericht fordert bessere Frühwarnsysteme

250.000 Tote in 2004 durch Tsunamis, Dürre oder Stürme

719 Naturkatastrophen haben im Jahr 2004 weltweit nahezu 250.000 Menschen das Leben gekostet – die höchste jährliche Todesopferzahl in den letzten zehn Jahren. Viele Menschenleben hätten durch bessere Information und Kommunikation gerettet werden können. Das geht aus dem diesjährigen Weltkatastrophenbericht hervor.

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Die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul und DRK-Präsident Rudolf Seiters stellten den Bericht, der gestern zum 13. Mal zeitgleich in 182 Ländern erschien, in Berlin vor.

Er wird jährlich von der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften herausgegeben.

Auf rund 250 Seiten werden Erfahrungen aus Katastrophengebieten ausgewertet und Empfehlungen für die Zukunft gegeben. Zudem liefert der Bericht Statistiken zu Naturkatastrophen und Katastrophenhilfe, wie beispielsweise die ungefähre Zahl von Todesopfern und Betroffenen, die geografische Verteilung von Naturkatastrophen oder Kostenschätzungen zu den Zerstörungen.

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Bessere Frühwarnung nötig

Wieczorek-Zeul forderte den Ausbau von Frühwarnsystemen insbesondere mit Blick auf die klimatisch bedingte Zunahme von Naturkatastrophen. „Hochtechnologische Frühwarnsysteme sind unentbehrlich. Aber irgendwann kommt es auf die Person am Ende der Kette an. Jemand muss die bedrohten Menschen erreichen und die Warnung durchgeben. Wir müssen den Katastrophenschutz von unten nach oben bauen“, sagte auch Seiters.

Beide erwähnten den Tsunami im Dezember 2004 als Beispiel für eine Katastrophe, in der besseres Informationsmanagement mehr Menschenleben gerettet hätte. Wissenschaftler in Südasien hatten das Seebeben zwar früh registriert, es fehlte jedoch ein System, mit dem die Bewohner der Küstenregionen vor der Katastrophe hätten gewarnt werden können.

Die Ministerin dankte in diesem Zusammenhang dem Deutschen Roten Kreuz und seinen Schwesterpartnern ausdrücklich für die schnelle und professionelle Hilfe, die mit dazu beigetragen hat, dass „kein Mensch anschließend an Seuchen und den weiteren Folgen hat sterben müssen.“

Der Weltkatastrophenbericht gibt aber auch Beispiele für informelle Netzwerke, durch die rechtzeitig vor Katastrophen gewarnt werden konnte. Vijayakumar Gunasekaran, Sohn eines indischen Fischers und wohnhaft in Singapur, erfuhr von der Tsunamiwelle im Radio und rief sofort seine Familie in Nallavadu an der Ostküste Indiens an. Im Dorf konnten dadurch 3.630 Menschen evakuiert und gerettet werden.

Menschen in Entwicklungsländern sind besonders betroffen

Die jüngsten Wirbelstürme Katharina und Rita hätten gezeigt, so Wieczorek-Zeul weiter, dass Katastrophenschutz auch für entwickelte Industrienationen eine große Herausforderung ist. Umso schwieriger sei es für Entwicklungsländer, eine entsprechende Infrastruktur aufzubauen.

97 Prozent aller Todesopfer von Katastrophen kommen aus Entwicklungsländern. Als Ursachen nannte sie Armut und Bevölkerungswachstum, die viele Menschen zwinge, auf kleinem Raum zu leben. Es würden auch Gebiete besiedelt, die durch Erdrutsche oder Überschwemmungen besonders gefährdet sind. „Wer in großer Armut lebt, kann kaum vorsorgen und sich nur schlecht schützen. Deshalb muss neben der Armutsbekämpfung die Hilfe zur Katastrophenvorbeugung ein wichtiger Bestandteil der Entwicklungszusammenarbeit sein“, so Wieczorek-Zeul. Aber auch Abholzung und Bodenübernutzung mache die Umwelt anfälliger für Naturkatastrophen.

Wieczorek-Zeul und Seiters betonten weiter, dass Frühwarnungen ernst genommen werden müssen, nicht nur bei Erdbeben oder Wirbelstürmen. Im Oktober 2004 warnten die Rotkreuzgesellschaften in Niger und Burkina Faso davor, dass Heuschrecken in Nord- und Westafrika eine Hungersnot auslösen könnten. Die UN hatte in März 2004 die Heuschreckenplage ebenfalls vorausgesagt und um neun Millionen US Dollar gebeten, um die betroffenen Länder mit Insektiziden zu versorgen. Beide Warnungen verhallten ungehört. Die Heuschreckenplage trat ein und ausbleibender Regen sowie künstliche Verteuerung von Grundnahrungsmitteln verursachten im Jahre 2005 eine Hungerkatastrophe von der zu Beginn neun Millionen Menschen im Niger und drei benachbarten Ländern betroffen waren.

In manchen Fällen liegen die Informationen vor, werden aber nicht verwertet. Das Zentrum für Katastrophenschutz der Universität New Orleans hat 2004, nachdem der Hurrikan „Ivan“ die Stadt beinah getroffen hatte, darauf hingewiesen, dass ein Evakuierungsplan für die ärmsten Menschen der Stadt, die kein Auto besitzen, fehlt. Als die Stadt dieses Jahr von „Katrina“ verwüstet wurde, war die arme Bevölkerung besonders betroffen.

(Bundesregierung Online/DRK, 06.10.2005 – DLO)

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