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Geowissen

Neues Tiefseegerät besteht Praxistest

Stoß-Kernbohrer nimmt Proben nahe heißen unterseeischen Quellen

Push-Corer-Probe © Forschungszentrum Terramare

Mithilfe eines neuen am Forschungszentrum TERRAMARE entwickelten Tiefseegeräts haben Wissenschaftler biologische Proben in unmittelbarer Nähe von heißen unterseeischen Quellen im Atlantik genommen. Der Tauchroboter QUEST, der den Probennehmer mit in 2.000 Meter Tiefe genommen und dort auch manövriert hatte, sorgte dafür, dass die wertvolle Fracht reibungslos und sicher an Bord des Forschungsschiffes Meteor gelangte.

Jens Stecher vom Senckenberg-Institut will mit den so genannten Push-Corer-Proben vor allem die Verquickung der Makrofauna mit den Winzlingen unter den Lebewesen im Sediment, der so genannten Meiofauna untersuchen. Deren Vertreter werden zwischen 0,2 und 2 Millimetern groß. „Die Schnittstelle zwischen nahe hydrothermalen Quellen lebender Makro- und Meiofauna wurde bislang völlig vernachlässigt. Hier betreten wir absolutes Neuland“, so der Wissenschaftler.

Stecher arbeitet mit im Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft „Vom Mantel zum Ozean: Energie-, Stoff- und Lebenszyklen an Spreizungsachsen“. Untersucht werden hier unter anderem die geologischen und biologischen Vorgänge an mittelozeanischen Rücken, jenen Bereichen der Erdkruste, an denen die Kontinentalplatten auseinanderweichen.

Unter anderem erhofft man sich Aufschluss darüber, wie sich das Leben, das möglicherweise vor Milliarden von Jahren nahe „Schwarzen Rauchern“ – heißen mineralischen Quellen in der Tiefsee – entstanden sein könnte, entlang den so genannten Spreizungachsen verbreitet. Erfahren möchte man ganz generell etwas über die Wechselwirkungen zwischen biologischen und hydrothermalen Vorgängen in der Tiefsee.

“Stoß-Kernbohrer“ mit innovativer Technik

Auf den insgesamt zweimonatigen Reisen M 64/1 und M 64/2 des Forschungsschiffs „Meteor“ hat sich der am Forschungszentrum TERRAMARE (FTM) gebaute Probennehmer vom Push-Corer-Typ als ein unter den speziellen Einsatzbedingungen ideal verwendbares Gerät bewährt. Möglich wurde dies, weil sich Stecher mit dem Team der FTM-Werkstatt hinsichtlich wissenschaftlicher Erfordernisse und technischer Möglichkeiten in der Bauphase des Gerätes ständig austauschte.

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Im Wesentlichen ist der verwendete Push Corer – „Stoß-Kernbohrer“, wie sich der Name etwa übersetzten lässt -, eine Acrylglasröhre von circa einem viertel Meter Länge mit einem Durchmesser von knapp zehn Zentimetern. An einer Öffnungsseite befinden sich ein Griff und ein so genanntes Flatterventil. Die andere Öffnung wird in den zu beprobenden Meeresgrund gestoßen. Überschüssiges Wasser entweicht am Flatterventil und beim Aufnehmen des Probennahmezylinders entsteht in seinem Innern ein Unterdruck, der die erbohrte Probe in Position hält. Die Acrylglasröhre wird schließlich in einen Kunststoffköcher geschoben, an dessen Grund sich – zentriert durch eine Schraube – ein Stopfen befindet. Er verschließt das Probenrohr von unten und ermöglicht so eine sichere Bergung.

„Eine wesentliche Neuerung unseres Corers besteht darin“, so TERRAMARE-Mitarbeiter Helmo Nicolai, „dass der Griff, mit dem der vom Schiff aus gesteuerte Tauchroboter den Probennehmer positioniert und letztendlich auch wieder aufholt, im unteren Teil aus einem kurzen Stück Stahlseil besteht. Das eigentliche Griffstück ist ein kleiner Kunststoffquader, der an den Breitseiten sandgestrahlt wurde, um die Griffigkeit zu erhöhen.“ Aufgrund der Maße und Beschaffenheit lasse er sich optimal greifen. Eventuelle ruckartige Bewegungen des Roboterarms federe die flexible Drahtseilkomponente ab, wodurch die Gefahr eines Verlusts der Probe minimiert werde.

Praxistest bestanden

Stecher, unter dessen Augen das ROV (remotely operated vehicle)-Team des Bremer Instituts Marum an Bord der „Meteor“ mit ihrem ROV „Quest“ die Proben aus etwa 2.000 Meter Wassertiefe von einem atlantischen Hydrothermalfeld barg, war zufrieden mit der Arbeit des neuen Probennehmers.

Dem Wissenschaftler war es mit Hilfe des Marum-Technikerteams möglich, mit dem Plexiglaszylinder des 17 Zentimeter tief in die recht grobkörnigen Meeresablagerungen, bestehend aus Foraminiferenschill – Schalen von Einzellern -, einzudringen und ungestörte Proben zu gewinnen. „Viele Kollegen hätten nicht für möglich gehalten, dass das Prinzip bei einem derart grobkörnigen Sediment funktioniert“, so der Wissenschaftler.

(idw – Forschungszentrum Terramare, 30.09.2005 – DLO)

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