Der „Brain-Drain“ – das Abwandern hochqualifizierter Wissenschaftler aus Deutschland ins Ausland – wird seit Jahren beklagt. Doch Anreize zum Hierbleiben oder gar Wiederkehren gibt es nach wie vor kaum. Jetzt fordern im Ausland lebende Forscher Verbesserungen im Bildungsystem.
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In einem offenen Brief an deutsche Bildungspolitiker stellen mehr als hundert deutsche Wissenschaftler, die in den USA forschen, ihre Rückkehr nach Deutschland in Aussicht – wenn sich hierzulande die Arbeitsbedingungen für die Forschung verbesserten. Laut einem Bericht der Wochenzeitung „Zeit“ wird der Brief mit dem Titel „Zukunft Wissenschaft“ am Freitag dieser Woche abgesandt.
Initiator des Briefes ist die German Scholars Organization (GSO), ein Verband deutscher Forscher in Nordamerika. Verbandschef Eicke Weber, Professor für Materialwissenschaften in Berkeley, schätzt, dass 80 Prozent der 6.000 jungen deutschen Wissenschaftler in den USA lieber in ihrer alten Heimat lehren und forschen würden. Unterstützt wird der Brief der Nachwuchshoffnungen vom Physik-Nobelpreisträger Wolfgang Ketterle, von Ernst-Ludwig Winnacker, dem Chef der Deutschen Forschungsgemeinschaft, und Günter Stock, dem Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.
Die wichtigsten Forderungen der Nachwuchsforscher sind, Professoren in transparenten Verfahren zu berufen und Berufungskommissionen international zu besetzen. Diese Gremien wählten bislang „nicht immer den wissenschaftlich besten Kandidaten aus“, heißt es in dem Brief.
Zudem kritisieren die Forscher, dass die föderale Struktur Deutschlands zu „unübersichtlichen und ungleichen Arbeitsbedingungen für Wissenschaftler geführt“ habe. Stattdessen solle es autonome Hochschulen mit einem einheitlichen rechtlichen Rahmen geben. Weiterhin fordern die Wissenschaftler, einen tenure track einzurichten, einen institutionalisierten Weg von der Juniorprofessur zu einer Dauerstelle. Auch müsse das Nebeneinander von Habilitation und Juniorprofessur zugunsten einer „attraktiven Juniorprofessur“ aufgegeben werden.
(Die Zeit, 29.09.2005 – NPO)