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Genetik

Gene schuld an an Fettleibigkeit?

Gentests an Inselvolk sollen Ursachen von Übergewicht klären helfen

Liegt es am eigenen Willen oder an den Genen, dass manche Menschen übergewichtig sind, andere hingegen nicht? Amerikanische Genetiker wollen jetzt durch Forschungen an Bewohnern einer mikronesischem Insel beweisen, dass wir gegen den Trieb zu essen machtlos sind.

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„Fettleibigkeit ist eine Krankheit wie Krebs. Die Leute haben viel weniger Einfluss darauf, als wir gemeinhin annehmen“, erklärt Jefrey Friedman von der New Yorker Rockefeller-Universität in der aktuellen Ausgabe des Technologiemagazins Technology Review. Um diese These zu untermauern, forschen seine Wissenschaftler seit 1994 auf der kleinen mikronesischen Insel Kosrea: 7.600 Einwohner leben auf dem recht isolierten Eiland, die meisten von ihnen stammen von einigen wenigen Familien ab.

Inselvolk mit Spargenen?

Bis Anfang des 19. Jahrhunderts ernährten sich die bis dahin schlanken Insulaner von Fischfang und dem, was die Insel hergab: Bananen, Koksnüsse und Wasserbrotwurzeln. Heute bringen Containerschiffe Konserven voll fetten Fleischs, Erbsen und Bohnen und zuckrige Getränke. Die Folge: Sieben von acht Erwachsenen auf Kosrae sind übergewichtig oder fettleibig.

Nach Ansicht von Friedman ist die rapide Gewichtszunahme auf der Insel ein anschauliches Beispiel für die Theorie der „Spar-Gene“: Der Genetiker James Neel postulierte 1962, dass in Gegenden mit häufigen Hungersnöten Menschen einen selektiven Vorteil hatten, wenn ihre Gene sie für das Ansammeln von Fettpolstern in Zeiten der Fülle vorausbestimmten. Sobald aber stets genügend Nahrung zur Verfügung steht, wird dieser genetische Vorteil zum Nachteil – Menschen mit dem Spar-Gen sind sozusagen zum Essen verdammt, bis sie ihr vorbestimmtes Gewicht erreicht haben.

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Genvergleich läuft

Eine Zeitlang galt das von Friedman 1994 entdeckte Hormon Leptin als mögliches Wundermittel gegen Fettleibigkeit: Es wird von Fettzellen produziert und bremst normalerweise das Hungergefühl. Jedoch stellte sich heraus, dass viele Dicke durchaus genug davon produzieren – und nur die appetitzügelnde Wirkung ausbleibt. Friedman und sein Team suchen nun nach den wahren Ess-Genen: Mit einem Gen-Chip forschen die Wissenschaftler an bestimmten Stellen der Gensequenz nach individuellen Unterschieden in den Basen-Paaren, denn diese können mit unterschiedlich großer Neigung zu Fettleibigkeit einhergehen.

Bislang ist die Hälfte dieser Unterschiede bei den 2.000 erwachsenen Kosrea-Bewohnern erfasst. Wenn alle genetischen Unterschiede, die im Zusammenhang mit der Körperfülle stehen, analysiert sind, sollte sich die „Spar-Gen“-Theorie beweisen oder widerlegen lassen. Auf Letzteres hoffen nicht nur Gesundheitsbeauftragte auf Kosrea, sondern auch die Diätindustrie und Ernährungsberater – stützen sich doch deren Tätigkeiten auf die Annahme, dass sich die Menschen willentlich für eine reduzierte Kalorienaufnahme entscheiden und damit schlank bleiben könnten.

(Technology Review, 29.09.2005 – NPO)

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