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Astronomie

Baby-Boom im jungen Kosmos

Galaxienfund verblüfft Astronomen und stößt bisherige Theorien um

Eine große und bisher unbekannte Population entfernter Galaxien haben Astronomen im Rahmen des Projekts VIMOS VLT Deep Survey (VVDS) entdeckt. © ESO

Das Universum war kurz nach seiner Entstehung ein weitaus fruchtbarerer Ort als bisher angenommen. Das enthüllt jetzt die überraschende Entdeckung einer großen und unbekannten Population entfernter Galaxien durch ein Team von französischen und italienischen Astronomen. Sie entstanden, als das All nur zehn bis 30 Prozent seines jetzigen Alters hatte.

Olivier Le Fèvre, Astronom am astrophysikalischen Laboratorium in Marseille und einer der Leiter der Studie und seine Kollegen machten ihre überraschenden Beobachtungen im Rahmen des Projekts VIMOS VLT Deep Survey (VVDS). Die Ergebnisse wurden jetzt im Magazin Nature veröffentlicht.

Seit 2002 ist der Spektrograph VIMOS (Visible Multi-Object Spectrograph) an das 8.2-Meter-Teleskop Melipal des Very Large Telescope Array der Europäischen Südsternwarte angeschlossen. Mithilfe der zehnfach größeren Leistung von VIMOS können die Astronomen innerhalb von nur wenigen Stunden die Entfernungen und Eigenschaften von bis zu 1.000 sehr weit entfernten Galaxien auswerten – ein Vorgang der bisher weitaus länger gedauert hat. Das Gerät erfasst in einem eingestellten Himmelsbereich alle Himmelskörper, die heller sind als Magnitude 24 im roten Bereich, analysiert ihr Spektrum und misst die Rotverschiebung. Aus diesen Daten errechnen die Wissenschaftler dann Eigenschaften und Entfernung.

In einer Menge von 8.000 aufgrund ihrer Helligkeit ausgesuchten Galaxien entdeckten die Forscher auf diese Weise rund 1.000 sehr helle und aktiv Sterne bildende Galaxien, die schon vor neun bis zwölf Milliarden Jahren entstanden sein müssen – nur 1,5 bis 4,5 Milliarden Jahre nach dem Urknall. „Zu unserer Überraschung sind dies zwei bis sechs Mal mehr als zuvor beobachtet worden war“, erklärt Le Fèvre. „Diese Galaxien wurden übersehen, weil vorherige Studien ihre Ziele weitaus restriktiver ausgewählt haben als wir, um auf die geringere Leistung der Instrumente Rücksicht zu nehmen.“

Während bisherige Beobachtungen und Modelle kontinuierlich anzudeuten schienen, dass in der Anfangzeit des Universums noch nicht sehr viele Sterne entstanden waren, erfordert die jetzige Entdeckung ein radikales Umdenken der Astronomen auf diesem Gebiet. Die Sternenbildung begann offenbar zwei bis dreimal schneller als bisher angenommen. “Diese Beobachtungen verlangen eine profunde Neubewertung unserer Theorien zur Bildung und Entwicklung von Galaxien in einem sich verändernden Universum“, erläutert Gianpaolo Vettolani von der Forschungseinrichtung INAF-IRA in Bologna.

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(ESO, 22.09.2005 – NPO)

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