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Neurobiologie

Ekel: Angeboren oder erlernt?

Globale Studie löst Kontroverse aus

Maden - Ganz schön eklig? © Cosmiverse

Der biologischen Funktion des Ekels sind Forscher der London School of Hygiene and Tropical Medicine auf den Grund gegangen. Ihre Schlussfolgerung aus einer umfangreichen Studie: Da gesundheitsgefährdende Objekte weltweit und in allen Kulturen eher unter die Kategorie ekelerregend subsumiert werden als harmlose, ist der Ekel vor bestimmten Dingen wahrscheinlich nicht erlernt, wie lange angenommen, sondern angeboren.

Ekel könnte auf diese Weise die Funktion besitzen, Menschen vor Krankheiten zu schützen. Über die Ergebnisse der Studie, zu der mehr als 40.000 Menschen rund um den Globus über die Empfindung „Was ist eigentlich ekelhaft?“ befragt wurden, berichten die Forscher im Wissenschaftsmagazin Biology Letters.

Ekel als angeborene Schutzfunktion?

Die Studie zeigte, dass Kot, Ausscheidungsprodukte, Wunden, Körperflüssigkeiten, Verderbendes und Verfaulendes global gesehen als ekelerregend eingestuft wurden. „Gerade in jenen Dingen stecken Gefahren für die Gesundheit“, erklärt Studienleiterin Valerie Curtis. Das lege nahe, dass es eine biologische und angeborene Programmierung gibt, die sozusagen den Kontakt mit diesen Dingen vermeidet, führt Curtis aus. Wissenschaftler waren bisher davon ausgegangen, dass der Mensch erst lernt, sich vor gewissen Dingen zu ekeln.

„Wir haben eine Prädisposition Kot ekelhaft zu finden. Umgekehrt kann man einem Kind nicht Ekel vor Orangen oder Bonbons beibringen“, erklärt Curtis, die davon ausgeht, dass diese Prädisposition des Ekels genetisch verankert ist, aber im Laufe des Lebens durch Erfahrung gesteigert wird. „Jedes unserer Verhaltensmuster kann durch gelernte und biologische Komponenten definiert werden“, so die Expertin. Aus der Studie ging auch hervor, dass Frauen eine höhere Sensitivität für Abscheu und Ekel haben. Das habe möglicherweise mit der Aufgabe des Aufziehens der Kinder zu tun.

…oder doch erlernt?

Den Aussagen der Forscherin widerspricht der Psychologe Clark McCauley von der Bryn Mawr Universität in Pennsylvania. „Dass Ekel einen evolutionären Hintergrund hat, ist offensichtlich. Das schützt uns davor, verdorbenes Fleisch zu essen. Aber Abneigung gegen verschiedene Dinge sind wesentlich von der Kultur beeinflusst“, so der Experte. Denn was Menschen heute eklig finden, gehe weit über den evolutionären Begriff hinaus. „Der biologische Mechanismus wurde in verschiedenen kulturellen Horizonten wesentlich ausgedehnt“, erklärt McCauley. Das werde etwa durch die unterschiedliche Haarpflege in verschiedenen Kulturen klar, meint der Experte zu BBC-Online.

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Die Untersuchung von Curtis wurde mithilfe einer BBC-Website durchgeführt. Die Teilnehmer mussten verschiedene Fotos nach dem „Ekligkeitsgrad“ beurteilen. Offensichtlich gibt es auch bei Tieren eine gewisse Empfindung, die dem menschlichen Ekel entspricht.

(Pressetext Austria, 19.01.2004 – NPO)

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