Die Evolution führt nicht automatisch zu einem größeren Gehirn. Forscher der Universität Zürich haben herausgefunden, dass es auch von Vorteil sein kann, Hirnmasse abzubauen. Bei Fledermäusen jedenfalls ist ein großes Gehirn nicht unbedingt besser. Arten, die es sich leisten konnten, haben im Laufe der Evolution ihre Hirnmasse reduziert.
Im Rahmen ihrer Studie haben die Wissenschaftler Kamran Safi, Marc Seid und Dina Dechmann vom Zoologischen Institut der Universität Zürich 104 Fledermaus-Arten verglichen und die Größe des Gehirns untersucht, die Form des Körpers und die Art, wie sie jagen. Fledermäuse, die im offenen Raum jagen, haben im Verhältnis zu ihrer Körpermasse kleine und schmale Flügel. Sie sind schnelle Flieger, aber dafür wenig agil und weniger manövrierfähig. Diese Fledermäuse haben kleinere Gehirne entwickelt, wie die Forscher der Universität Zürich festgestellt haben.
In die Gegenrichtung lief die Entwicklung bei Fledermäusen, die in hoch strukturierten Habitaten jagen. Im Wald jagende Arten haben breite Flügel, die sie sehr manövrierfähig machen. Sie haben im Laufe der Zeit Gehirnmasse zugelegt, um die neuronale Struktur aufzubauen, die es für Flüge im dichten Habitat braucht. Wenn Fledermäuse also mehr Gehirnmasse brauchten, beispielsweise um ihre Flügel besser zu koordinieren oder die größere Informationsmenge in unübersichtlichen Jagdhabitaten zu verarbeiten, haben sie größere Gehirne entwickelt.
Mehr Energie und höhere „Fortbewegungskosten“
Ein größeres Gehirn benötigt jedoch mehr Energie und erhöht die Fortbewegungskosten. „Der Große Abendsegler beispielsweise hat darum die Hirnmasse markant reduziert“, erklärt Kamran Safi in der Fachzeitschrift „Biology Letters“. „Für das Jagen im offenen Luftraum braucht er schlicht kein so großes Hirn.“ Der bei uns heimische Abendsegler hat sich so perfekt den Umweltbedingungen angepasst und trägt keinen überflüssigen Ballast mit sich.
Die Forscher der Universität Zürich haben mit ihrer Studie nachgewiesen, dass die Evolution der Hirngröße in beide Richtungen gehen kann. „Ein kleineres Hirn kann auch das Resultat einer modernen Entwicklung sein“, sagt der Zoologe Safi. Bislang haben sich die meisten Forschungen darauf konzentriert, wie und warum das Gehirn immer größer wird.
Europäische Nacht der Fledermäuse
In der Nacht vom 27. auf den 28. August findet die 9. Europaeische Fledermausnacht statt. In zahlreichen europaeischen Staedten und Regionen werden Exkursionen, Informationsveranstaltungen und sonstige oeffentlichkeitswirksame Aktionen zum Thema Fledermaeuse angeboten. Mit diesen Aktivitaeten soll um Sympathie fuer die Tiere geworben und auf ihre Schutzbeduerftigkeit hingewiesen werden.
(idw – Universität Zürich / BMU, 26.08.2005 – DLO)