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Medizin

Hepatitis als Krebsauslöser?

Forscher untersuchen Zusammenhang zwischen den Erkrankungen

Hepatitis C-Viren können anscheinend nicht nur eine Leberentzündung auslösen. Manchmal erkranken die Betroffenen zusätzlich noch an einem so genannten Lymphom, einer Form von Lymphdrüsenkrebs. Wissenschaftler der Universitätskliniken in Homburg und Bonn untersuchen nun in einem neuen Projekt, wie die beiden Erkrankungen zusammen hängen.

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Zapft man einem Hepatitis C-Kranken Blut ab und stellt es in den Kühlschrank, bildet sich häufig nach ein bis zwei Tagen ein weißlicher Bodensatz. Sobald man die Probe erwärmt, verschwindet der Niederschlag wieder. Grund für dieses Phänomen sind so genannte Kryoglobuline – das sind defekte Immun-Proteine, die bei Kälte unlöslich werden und ausfallen. Rund 40 Prozent aller Hepatitis C-Kranken produzieren Kryoglobuline. Die Betroffenen reagieren sehr empfindlich auf Kälte.

An Zehen, Fingern, den Ohren oder der Nasenspitze – also Stellen, die besonders leicht auskühlen – können bei niedrigen Temperaturen die Blutgefäße verstopfen; das Gewebe wird nicht mehr mit Sauerstoff versorgt und „erfriert“.

Produziert werden die Kryoglobuline von den so genannten B-Zellen des Lymphsystems. Das Hepatitis C-Virus kann augenscheinlich an diese Zellen „andocken“ und sie dadurch dazu bringen, diese defekten Abwehrstoffe zu produzieren – sie programmieren die B-Zellen gewissermaßen um. Schlimmer noch: Das Virus bringt die Lymphzellen anscheinend auch noch dazu, sich unkontrolliert zu vermehren – mögliche Folge: Lymphkrebs. „Hepatitis C-Patienten haben ein signifikant erhöhtes Risiko, an einem so genannten Non-Hodgkin-Lymphom zu erkranken“, erklärt der Bonner Mediziner Dr. Jacob Nattermann.

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Hepatitis C-Viren im Labor „nachgebaut“

Zusammen mit dem Team um Professor Dr. Stefan Zeuzem untersuchen die Bonner Forscher momentan, welcher Zusammenhang zwischen den beiden Erkrankungen besteht. Dazu hat die Homburger Arbeitsgruppe die Außenhülle verschiedener Hepatitis C-Viren im Labor „nachgebaut“. Mit diesen „Pseudoviren“ können die Homburger nun überprüfen, welche Reaktionen das Virus auf molekularer Ebene auslöst, wenn es an die B-Zellen andockt. So wollen sie beispielsweise herausfinden, wie das Virus das „Vermehrungsprogramm“ der B-Zellen anwirft.

Normalerweise entdeckt der Körper entartete Zellen sehr schnell und zerstört sie. Das perfide am Hepatitis C-Virus ist jedoch, dass es nicht nur Leber und Lymphsystem angreift, sondern zugleich die Immunantwort schwächt. Das ist auch ein Grund dafür, dass die vom Virus ausgelöste Leberentzündung so häufig chronisch wird: „Wenn es der Körper nicht innerhalb der ersten drei Monate schafft, die Infektion in den Griff zu bekommen, schafft er es wahrscheinlich gar nicht“, betont Nattermann. Dank dieser Immunschwäche können sich auch die entarteten B-Zellen bei manchen Patienten ungestört vermehren – bis hin zum gefürchteten Lymphdrüsen-Krebs. Dr. Nattermann: „Wir wollen herausfinden, wie das Virus die körpereigenen Abwehrmechanismen schachmatt setzt.“

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Gemeinschaftsprojekt in den kommenden zwei Jahren mit 50.000 Euro. Weltweit sind 170 Millionen Menschen mit dem Hepatitis C-Virus infiziert. Allein in Deutschland sind 500.000 Menschen betroffen.

(idw – Universität Bonn, 25.08.2005 – DLO)

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