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Zoologie

Schimpansen sind Konformisten

Affen zeigen “typisch menschliches” Gruppenverhalten

Nicht nur Teenagern geht es so: Die meisten Menschen fühlen sich am wohlsten, wenn sie innerhalb ihrer Gruppe nicht herausstechen. Ähnliche Werte, Kleidung oder Verhalten bilden das Rückgrat von Gemeinschaften und Gesellschaften. Doch dieses Streben nach kultureller Konformität ist nicht allein Menschensache: Auch Schimpansen sind Konformisten, wie jetzt eine neue Studie zeigt.

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Forscher des Yerkes Primatenforschungszentrums der amerikanischen Emory Universität und der schottischen St. Andrews Universität haben untersucht, wie Schimpansengruppen ihre Traditionen weitergeben und erhalten. Dabei entdeckten sie, dass auch die Primaten eine natürliche Motivation besitzen, ihre gleichaltrigen Gefährten nachzuahmen. Nach Ansicht von Victoria Horner, Franz de Waal und Andrew Whiten wird diese Art der kulturellen Konformität nur noch vom Menschen übertroffen. Ihre Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Nature veröffentlicht.

Gruppendruck siegt über alternative Strategien

In der Studie sollten drei Schimpansengruppen eine neue Methode des Nahrungserwerbs lernen. Ungesehen von den anderen Affen brachten die Wissenschaftler dabei jeweils einem hochrangigen Weibchen bei, Futter mithilfe eines Werkzeugs aus einem System verbundener Röhren zu bergen. Nachdem die beiden Weibchen die Technik beherrschten, durften die anderen Gruppenmitglieder die beiden sieben Tage lang beobachten, bevor sie selbst die Aufgabe lösen mussten.

Wie erwartet, sammelten sich die Tiere um die Expertinnen und ahmten bald ihre Technik nach. Überraschend war jedoch, dass einige Tiere eine alternative Strategie entwickelten, mit der sie ebenfalls das Futter erlangen konnten. Doch obwohl ihre Methode durchaus erfolgreich war, fügten sie sich bald dem Gruppendruck und schwenkten wieder zur „offiziellen“ Technik um. Sie verhielten sich konformistisch.

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Konformität auch im Tierreich

“Die Studie demonstriert, dass Affen Mitglieder ihrer eigenen Art kopieren und dabei unterschiedliche Traditionen entwickeln können”, erklärt Horner. „Indem sie die Gruppennorm gegenüber der alternativen Methode bevorzugten, zeigen sie ein Niveau der Konformität, das wir normalerweise nur mit unserer eigenen Art in Verbindung gebracht haben.“ Nach Ansicht der Forscherin deutet die Rückkehr zur Gruppentechnik daraufhin, dass die Konformität weitaus stärker auf der sozialen Bindung an die anderen Gruppenmitglieder basiert als auf dem einfachen Prinzip der Belohnung durch Futter.

Diese, ursprünglich als nur für den Menschen typisch eingestufte Eigenschaft könnte Teil einer evolutionären Entwicklung sein, so die Wissenschaftler. „Die Ergebnisse deuten auf einen sehr alten Ursprung des kulturellen Konformismus hin, der im Menschen so offensichtlich zutage tritt“, erklärt de Waal. „Weitere Forschungen könnten zeigen, dass dieses Phänomen sogar noch weiter im Tierreich verbreitet ist als bisher angenommen.”

(Emory University Health Sciences Center, 12.08.2005 – NPO)

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