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Mikrobiologie

Mini-Mikrobe dominiert Meere

Genom ohne Junk-DNA als Erfolgsrezept?

SAR11 Mikroben © Oregon State University

Die kleinsten frei lebenden Einzeller im Ozean, eine Bakteriengruppe namens SAR11, haben nicht nur das kleinste Genom aller unabhängigen Zellen – sie dominieren auch die Meere, gedeihen dort, wo andere Zellen längst gestorben wären und spielen eine entscheidende Rolle im Kohlenstoffkreislauf der Erde. Das berichtet jetzt eine neue Studie in der Zeitschrift Science.

Wissenschaftler der Oregon State Universität haben die erst im Jahr 1990 entdeckten Bakterien näher untersucht und dabei Erstaunliches festgestellt. Obwohl bisher nahezu unbekannt, sind die Mikroben in den Ozeanen so dominant, dass ihre Gesamtmasse die alle Fische in den Weltmeeren übersteigt. In einem einzigen Milliliter Meerwasser, den die Forscher vor der Küste Oregons schöpften, fanden sie bis zu 500.000 solcher Zellen. Offenbar können sich die Einzeller auch dort ungewöhnlich schnell vermehren, wo Nährstoffe und andere Ressourcen knapp sind.

Der Schlüssel für diesen Erfolg liegt, so glauben die Forscher, im Genom der Einzeller. „Der Ozean ist eine sehr hart umkämpfte Umwelt und offensichtlich haben diese Bakterien den Wettbewerb gewonnen“, erklärt Stephen Giovannoni, Professor für Mikrobiologie an der Oregon State Universität. „Unsere Analysen des SAR11-Genoms zeigen, dass sie hauptsächlich deshalb die dominante Lebensform wurden, weil die die einfachsten waren.“

DNA ohne Genmüll

Die neue Studie ergab, dass SAR11 eine der kompaktesten, „schlanksten“ Genstrukturen besitzt, die jemals beobachtet worden sind. Nur 13 Millionen Basenpaare machen seine Erbinformation aus – geradezu winzig im Vergleich zum menschlichen Genom.

“SAR11 hat fast keine überflüssige DNA”, erklärt Giovannoni. „Dieser Organismus ist extrem klein und effizient. Jeder genetischer Baustein hat eine Aufgabe. Im Vergleich dazu besteht das menschliche Genom größtenteils aus Junk-DNA, Teilen, die keinerlei wichtige Funktion haben. “

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Diese Art des maßgeschneiderten Genoms könnte nach Ansicht der Forscher ein wichtiger Faktor für den evolutionären Erfolg von SAR11 gewesen sein, der immerhin seit mehr als einer Milliarde Jahren wächst und gedeiht. Möglicherweise, so eine Hypothese, könnte die Selektion ein kleineres Genom gefördert haben, weil die Vermehrung der Junk-DNA in diesem Fall nur eine Belastung des Stoffwechsels ohne adaptiven Wert darstellte.

Schlüsselfaktor für Kohlenstoffkreislauf

Doch die Wissenschaftler interessieren sich noch aus einem anderen Grund für SAR11: Die Einzeller spielen eine wichtige Rolle in der Geochemie der Meere, denn sie zersetzen organisches Material und setzen damit neue Nährstoffe und Kohlendioxid für das Algenwachstum frei.

„Durch ihre schiere Menge spielen die SAR11-Mikroben eine wichtige Rolle für den Kohlenstoffzyklus der Erde“, erklärt Giovannoni. „Einfach ausgedrückt, ist SAR11 ein bedeutender Konsument des organischen Kohlenstoffs in den Ozeanen, der der Menge des Kohlendioxids in der Atmosphäre immerhin nahezu entspricht. Und der Kohlenstoffkreislauf bildet die Basis aller tierischen und pflanzlichen Lebensformen, beeinflusst Atmosphäre und Klima und auch die Bildung fossiler Brennstoffe.“

(Oregon State University, 19.08.2005 – NPO)

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