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Klima

Industrie erteilt Kyoto-Protokoll Absage

BDI fordert Lösungen nach amerikanischem Muster

Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) hat in einem Positionspapier dem Kyoto-Protokoll und den darin vereinbarten Klimaschutzmaßnahmen eine klare Absage erteilt. Die bisher verfolgten absoluten Emissionsziele seien nicht durchsetzbar und schadeten der deutschen Wirtschaft, so die Argumentation. Stattdessen seien pragmatische Lösungen ähnlich wie die von den USA und anderen Industriestaaten vereinbarte technologiebasierte Umwelt- und Klimapartnerschaft anzustreben. Sowohl Bundesumweltminister Jürgen Trittin als auch der Präsident des Deutsche Naturschutzrings (DNR), Hubert Weinzierl kritisierten die Ansichten des BDI scharf.

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In dem Positionspapier des BDI heißt es unter anderem: „Wenn wir in Deutschland mit höchstem Aufwand und immensen Kosten versuchen, den CO2-Ausstoß weiter zu senken, bringt das für das weltweite Klima fast nichts. Doch unser Wirtschaftsstandort wird weiter geschwächt.“ Die zusätzlichen Kosten gefährdeten Investitionen und Produktion in Deutschland, es drohe damit der Verlust weiterer Arbeitsplätze. „Wenn wir wirklich etwas für das Klima tun wollen, sollten wir nicht länger auf Placebo-Maßnahmen setzen, die viel kosten, aber wenig bringen“, so der BDI weiter. Nach Ansicht der Industrievertreter solle Deutschland und die EU alles daran setzen, mit den USA und wichtigen Entwicklungs- und Schwellenländern zu einem gemeinsamen Verständnis darüber zu kommen, wie der Klimawandel gebremst werden könne.

„Abschied aus dem Klima-Konsenz“

Bundesumweltminister Jürgen Trittin erklärte zu den Positionen des BDI: „Wenn die Abkehr vom Kyoto-Protokoll die neue Linie des BDI darstellt, dann verabschiedet sich der BDI aus dem Konsens im Klimaschutz, den es nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch parteiübergreifend im Deutschen Bundestag gibt.“

Der BDI beziehe damit auch Stellung gegen den erklärten Konsens der Staats- und Regierungschefs der EU, die gerade erst auf ihrem Frühjahrsgipfel unterstrichen haben, dass der Klimaschutzprozess auch nach 2012 weitergehen müsse, damit der Ausstoß von Treibhausgasen bis zur Mitte dieses Jahrhunderts global halbiert werden könne.

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Die Behauptung des BDI, Kyoto gefährde Arbeitsplätze und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, kritisierte Trittin als einen „Griff in die Mottenkiste“. Dieser Vorwurf sei völlig abwegig und durch die Realität längst widerlegt. Gerade der Emissionshandel, den die Bundesregierung eingeführt habe, sei Motor der Technologieförderung und der Arbeitsplatzsicherung – mit dem Ergebnis, dass wieder in moderne, effiziente Kraftwerkstechnik investiert werde. Nach Jahren der Investitionsabstinenz werden zur Zeit von der deutschen Elektrizitätswirtschaft über 15.000 MW neue Kraftwerkskapazität geplant, die Hälfte davon auf der Basis effizienter Gas- und Dampfturbinen-Technik. So zeige sich, wie man gerade durch das Klimaschutzinstrument „Emissionshandel“ Innovation und Wettbewerbsfähigkeit befördert. Wer wie im BDI-Papier den Emissionshandel begrüße, aber absolute Emissionsziele ablehne, widerspreche sich selbst.

„Wahres Denken entlarvt“

„Mit seiner Forderung nach Abkehr vom Kyoto-Protokoll beim Klimaschutz hat der BDI sein wahres Denken entlarvt und seine umweltpolitische Glaubwürdigkeit auf einen Tiefpunkt gebracht“, kommentierte der Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR) Hubert Weinzierl die BDI-Positionen in Berlin. Anstelle vor den immer spürbarer werdenden Auswirkungen der Klimaveränderung die Augen zu verschließen und auf die hohen Kosten von Klimaschutzmaßnahme zu verweisen, solle sich der BDI den großen Herausforderungen stellen.

Die Stärke des Wirtschaftsstandortes Deutschland liegt nach Auffassung des DNR in der Entwicklung und Herstellung innovativer, energie- und rohstoffsparender Produkte und Dienstleistungen. Gerade bei steigenden Preisen für Öl oder Stahl in Folge knapper werdender Energie- und Rohstoffvorräte böten sich der deutschen Wirtschaft im globalisierten Markt große Chancen, die der BDI mit seinen Forderungen zu verschlafen drohe. „Ein klassisches Beispiel ist die Automobilindustrie, die angesichts steigender Spritpreise jetzt 3-Liter-Fahrzeuge auf den Markt bringen sollte, anstatt dies der ausländischen Konkurrenz zu überlassen“, so Weinzierl.

(BDI, BMU, DNR, 18.08.2005 – NPO)

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